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Hefte

schulheft-Klausur

21. Mai 2022

Am 21. Mai 2022 fand ganztägig im Amerlinghaus die schulheft-Klausur mit der Organisationsberaterin Michaela Sburny statt. Im Zuge der Klausur fand eine organisatorische Neuaufstellung des schulhefts statt. Des Weiteren wurden zukünftige Themengebiete diskutiert und weitere schulheft-Veranstaltungen geplant.

Teilnehmer*innen von oben v.l.n.r:
Andrea Janauschek-Raftl, Florian Jilek-Bergmaier, James Ian Simon Loparics,
Micheal Sertl, Gabi Lener, Julia Köhler, Petra Neuhold, Barbara Falkinger, Iris Mendel

Hefte

Aktuelle Ausgaben

Imperiale Lebensweise und Bildung

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Klappentext

Von der imperialen zur solidarischen Lebensweise! So bestechend einfach könnte ein Programm zur Lösung aller Probleme aussehen. Dass es nicht ganz so simpel ist, haben Ulrich Brand und Markus Wissen mit dem vieldiskutierten Konzept „Imperiale Lebensweise" dargelegt. Das vorliegende schulheft zeichnet die Auseinandersetzungen um dieses Konzept nach, stellt exemplarisch einige Beispiele vor und liefert Beiträge aus dem Bildungsbereich.

Inhalt

Editorial

I. Diskussion des Konzepts

Leo Xavier Gabriel
Was ist die Imperiale Lebensweise?
Eine konzeptuelle Darstellung

Ulrich Brand und Markus Wissen
Die Linke und die Imperiale Lebensweise

Stefanie Hürtgen
Das nördliche »Wir« gibt es nicht

Ulrich Brand, Markus Wissen
Zum Gebrauchswert des Begriffs

Christa Wichterich
Covid-19, Care und Kipppunkte imperialer Lebensweise

II. Aspekte der imperialen Lebensweise

Jutta Matysek
Lobau-Autobahn & Co: Das drohende Autobahngeschwür und seine Metastasen

Gerlind Weber
Verschandelt! Verschleudert! Verbaut! – Schluss mit dem Bodenfraß!

Marcus Fischer
Das ganze Grünland ein Scheißhaus

Katharina Ritter
Lerne den Kapitalismus fürchten: Das Monopoly

Josef Baum
… ohne es zu merken
Die unterschätzte Bedeutung der Werbung ab den Kindesjahren

Lorenz Glatz
Gutes Essen für alle – aber wie?

III. Imperiale Lebensweise und Bildung

Julia Koll
„Ich bin halt so in diesen Klimawandel reingeboren“
Jugendarbeit in der Klimakrise

Lilly Panholzer
Von Sturmmasken und anderen Verpflichtungen

Malte Kleinschmidt
Dekolonialität und Kritik der imperialen Lebensweise
Überlegungen zur politischen Bildung

Josef Mühlbauer
Herrschaftskritische Pädagogik und Schulkritik
Eine (queer-)anarchistische Antwort auf die imperiale Lebensweise

Vera Besse
KAUZ – Werkstatt für Klima, Arbeit und Zukunft

Michael Sertl
Was ist im Schulunterricht brauchbar?
Kurzrezensionen

Autor*innen dieser Ausgabe

Editorial

Mit dieser Nummer setzen wir die Auseinandersetzung fort, die wir mit der Klima-Nummer „Unser Haus brennt!“ (SH 178) begonnen haben und die uns wohl noch länger beschäftigen wird. Ausgangspunkt ist diesmal das von Ulrich Brand und Markus Wissen entwickelte Konzept der Imperialen Lebensweise (IL)1, das bei Erscheinen des Buches 2017 offensichtlich einen Nerv getroffen hat. Besonders innerhalb der Linken hat damit eine recht lebendige Diskussion begonnen, die wir hier – im Rahmen unserer Möglichkeiten – dokumentieren wollen. Als schulheft sehen wir uns natürlich verpflichtet, die Möglichkeiten und Anregungen, die das Konzept IL anbietet, für den schulischen Unterricht und die Politische Bildung zu prüfen.
    Das Reizvolle an diesem Konzept ist, dass es sozusagen zwei Seiten hat: das kritische Analyseinstrument Imperiale Lebensweise auf der einen Seite und das politisch-aktivierende Gegenkonzept der solidarischen Lebensweise auf der anderen Seite. Oder mit anderen Worten: Auf der einen Seite kritisiert IL das „Leben auf Kosten anderer bzw. der Natur“, auf der anderen Seite geht es um das „gute Leben für alle“. Dabei haben wir versucht, dieses Doppelgesicht auch in einer größeren Bandbreite an Textsorten zu repräsentieren als „bloß“ in wissenschaftlichen Texten. Besonders erfolgreich waren wir da nicht, aber zweifellos liefern die Texte von Aktivist:innen wie Jutta Matysek, Lorenz Glatz und Lilly Panholzer eine andere als die rein wissenschaftliche Perspektive. Richtig literarisch wird der Ton dann bei Marcus Fischer, dessen Text wir auch etwas anders layoutiert haben.
    Das Heft ist in drei Teile gegliedert: 1. Diskussion des Konzepts, 2. Aspekte der imperialen Lebensweise und 3. Imperiale Lebensweise und Bildung.

Der erste Teil zur Diskussion des Konzepts Imperiale Lebensweise besteht aus fünf theoretisch-analytischen Beiträgen.
    Der Beitrag von Leo Xavier Gabriel „Was ist die Imperiale Lebensweise?“ stellt eine einleitende Begriffserklärung dar. Hierbei werden Hauptelemente und die dahinterstehende Anwendungslogik der Imperialen Lebensweise erklärt. Eine Grafik, die inzwischen in vielen Varianten kursiert, veranschaulicht diese Zusammenhänge.
    Das Konzept der IL ist nicht widerspruchsfrei und wurde aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Eine prägnante Zusammenfassung dieser Diskussionen und der daraus sich ergebenden Weiterentwicklungen liefert das Vorwort der englischsprachigen Fassung des Buches „The Imperial Mode of Living“ (2021), das wir übersetzt haben und hier mit dem Titel „Die Linke und die Imperiale Lebensweise“ abdrucken. Brand und Wissen erörtern überblicksartig die diversen Kritiken zum Konzept IL (z. B. unklarer Klassenstandpunkt, feministische Kritik, …).
    In ihrem Beitrag „Das nördliche ‚Wir‘ gibt es nicht“ geht Stefanie Hürtgen auf die wiederholt vorgetragene Kritik eines unklaren Klassenstandpunkts ein und argumentiert, dass die Vorstellung eines einheitlichen globalen Nordens falsch ist. Vielmehr sollte die Analyse von einer fragmentierten Gesellschaft ausgehen, in der die Subjekte durchaus die IL in Frage stellen.
    Warum Ulrich Brand und Markus Wissen die Begrifflichkeit gerade so gewählt haben, wie sie es getan haben, stellen sie in dem kurzen Ausschnitt aus dem Original-Buch (2017) „Zum Gebrauchswert des Begriffs“ dar.
    Schließlich ergänzt Christa Wichterich das Konzept der IL mit einer feministischen Kritik und zeigt die Verbindungen von sozialer Reproduktion sowie Sorgearbeit mit der imperialen Lebensweise. Mit dem Beitrag „Covid-19, Care und Kipppunkte imperialer Lebensweise“ zeigt Wichterich, wie die imperiale Lebensweise durch die Ausbeutung der Sorgearbeit stabilisiert wird und wie die Pandemie die Dilemmata erneut aufgezeigt bzw. verschärft hat.

Im zweiten Teil Aspekte der imperialen Lebensweise illustrieren wir das Konzept anhand ausgewählter Analysen zum Thema Bodenfraß,
Werbung und solidarische Landwirtschaft. Den Beginn macht Jutta Matysek mit ihrem Hintergrundbericht zum Kampf gegen die Lobau-Autobahn. Möglicherweise ist dieser Kampf zum Zeitpunkt der Drucklegung nicht mehr in den Schlagzeilen, aktuell ist er ganz sicher noch. Und er liefert ein Beispiel, wie Bodenversiegelung und ein ziemlich ungebrochener Glaube an die Notwendigkeit einer „autogerechten Stadt“ die imperiale Lebensweise einzementieren. Der Aufsatz von Gerlind Weber „Verschandelt! Verschleudert! Verbaut! – Schluss mit dem Bodenfraß!“ stammt, ebenso wie die kurze Glosse von Katharina Ritter über das Brettspiel Monopoly, aus dem Katalog der Ausstellung des Architekturzentrums Wien „Boden für Alle“. Diese wirklich aufrüttelnde Ausstellung, die den leichtfertigen Umgang mit der Ressource Boden in all ihren – österreichischen! – Facetten dokumentiert (Stichwort: Grünland zu Bauland umwandeln? Kein Problem!), macht übrigens gerade ihre Tour durch die Bundesländer (vgl. www.azw.at/de/termin/boden-fuer-alle-23/).
    Liefert der Text der Raumplanerin Gerlind Weber eine systematische Abrechnung mit dem Bodenfraß und formuliert notwendige Forderungen, so überträgt der Text von Marcus Fischer diese Anklage ins Literarische. Seine Suada „Das ganze Grünland ein Scheißhaus“ bringt geradezu Werner Schwab’sche Wucht in unser schulheft. Katharina Ritters kurze Glosse „Lerne den Kapitalismus lieben“ schildert, wie ein ursprünglich antikapitalistisch gedachtes Spiel schlussendlich „umgedreht“ wurde und als „Monopoly“ um die Welt ging. Da wird klar, was mit der hegemonialen Macht der imperialen Lebensweise gemeint ist. Diesen Mechanismen der kapitalistischen Subjektivierung widmet sich Josef Baum in seinem Essay „...ohne es zu merken. Die unterschätzte Bedeutung der Werbung ab den Kinderjahren“. In seinem Aufsatz „Gutes Essen für alle – aber wie?“ zeichnet Lorenz Glatz den Weg in die Sackgasse der industriellen Landwirtschaft nach und gibt einen Überblick über die österreichischen und internationalen Alternativen und Ansätze einer solidarischen Landwirtschaft.

Im dritten Teil Imperiale Lebensweise und Bildung liefern wir insgesamt vier Beiträge.
    Julia Koll gewährt uns in ihrer Studie „Ich bin halt so in diesen Klimawandel reingeboren“ Einblicke, wie Jugendliche unterschiedlicher sozialer Herkunft die Themen Klimakrise, zivilgesellschaftliches Engagement, Mobilität und Ernährung diskutieren, und welche Stellung Schule und Jugendarbeit im Prozess der Bewusstmachung und der Aktivierung einnimmt.
    Lilly Panholzer schildert in ihrem Bericht „Von Sturmmasken und anderen Verpflichtungen“ wie aus einem Ausstellungsbesuch mit einer Kunstvermittlerin ein politisches Umweltprojekt der Klasse wurde, und was sie als Lehrerin an den Diskussionen und Widerständen von Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern lernen konnte. Ein Weckruf an alle Lehrer*innen, den Auftrag zur politischen Bildung in Sachen Klimakrise ernst zu nehmen!
    Malte Kleinschmidt zeigt in seinem Essay „Dekolonialität und Kritik der Imperialen Lebensweise“ die Problematik der Externalisierung und die Kolonialität der eigenen Lebensverhältnisse auf. Mit dem Begriff des „weiß-weißen Selbstgesprächs“ kritisiert er das Konzept der Imperialen Lebensweise und die Schieflage in der Diskussion der Ungleichheitsstrukturen zwischen denen, die davon betroffen sind, und jenen, die diese diskutieren.
    Josef Mühlbauer beschäftigt sich mit „Herrschaftskritische(r) Pädagogik und Schulkritik“. Er greift die systemerhaltende Rolle der Schule auf und untersucht, welchen Beitrag sie zum Erlernen der imperialen Lebensweise leistet. Mit seiner Schulkritik stellt Mühlbauer Macht- und Herrschaftsverhältnisse radikal in Frage und macht sich auf die Suche nach Ansätzen für eine herrschaftskritische, (queer-)anarchistische Pädagogik, als Gegenbewegung zur imperialen Lebensweise.
    Die Vorstellung des Projekts KAUZ – Werkstatt für Klima, Arbeit und Zukunft und Kurzrezensionen von Publikationen, die sich für den Unterrichtsbetrieb in Schule und Hochschule eignen, schließen die Nummer ab.
Viel Vergnügen beim Lesen!
Barbara Falkinger, Leo Xavier Gabriel, Michael Sertl

1 Wir verwenden in dieser schulheft Nummer die Großschreibung, also Imperiale Lebensweise (IL), immer dann, wenn inhaltlich auf das Konzept von Brand/Wissen bzw. auf das kritische Analysekonzept Bezug genommen wird. Bei deskriptiven Beschreibungen einer imperialen Lebensweise bleibt das Adjektiv klein geschrieben.

Autor*innen dieser Ausgabe

Redaktion
Barbara Falkinger
Leo Xavier Gabriel
Michael Sertl

Josef Baum, Ökonom und Geograf, Uni Wien. Schwerpunkte: Klima, Ökologie, Verteilung, Ökologische Ökonomie, China. Stadtrat in Purkersdorf, Obmann Verkehrs- und Regionalforum Waldviertel.

Vera Besse, Biologin, Erwachsenenbildnerin, Projektmanagerin und Vorausdenkerin; ist in ihrer Lohnarbeit bei akaryon tätig und sorgt für mehr Nachhaltigkeit in Unternehmen. Bei KAUZ – Werkstatt für Klima, Arbeit und Zukunft – erstellt sie im Team Bildungsmaterialien für die sozialökologische Transformation.

Ulrich Brand, Politikwissenschaftler, arbeitet an der Universität Wien und ist unter anderem Mitbegründer und Vorstandsmitglied von „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“, Arbeitsschwerpunkte: imperiale Lebensweise, internationale Umweltpoliitk, Lateinamerika und sozial-ökologische Transformation.

Barbara Falkinger, Schulleiterin einer Mittelschule in Wien, Mediatorin, Lehrerin für Englisch und Geografie und Wirtschaftskunde aus dem Blickwinkel des Globalen Lernens. Mitherausgeberin der Schulhefte.

Marcus Fischer, Schriftsteller, Werbetexter. Gewinner beim fm4 Kurzgeschichten-Wettbewerb „Wortlaut“. Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften, im Herbst 2022 erscheint sein erster Roman „Die Rotte“.

Leo Xavier Gabriel, Politikwissenschaftler und politischer Aktivist. Mitherausgeber des Sammelbands „Zur imperialen Lebensweise“ (Mandelbaum Verlag, 2022).

Lorenz Glatz, pensionierter Lehrer für Latein und Griechisch, Redakteur bei „Streifzüge. Magazinierte Transformationslust“, aktiv bei www.solawi.life, Mitglied bei den Solawi „gela Ochsenherz“ und „Ouvertura“, Autor von „Reisen zu verlorenen Nachbarn. Die Juden von Wiesmath“, Löcker 2017.

Stefanie Hürtgen, Wirtschaftsgeographin und Soziologin, associate professor an der Universität Salzburg und permanent fellow am Frankfurter Institut für Sozialforschung. Sie war lange Zeit in der politischen Erwachsenenbildung tätig und ist gewähltes Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Rosa Luxemburg Stiftung und im wissenschaftlichen Beirat des Mattersburger Kreises für Entwicklungspolitik der Österreichischen Hochschulen.

Malte Kleinschmidt, lehrt und forscht im Institut für Didaktik der Demokratie und dem Center for Inclusive Citizenship an der Leibniz Universität Hannover. Seine Dissertation zum Thema „Dekoloniale politische Bildung. Eine empirische Untersuchung von Lernendenvorstellungen zum postkolonialen Erbe“ steht als OpenAccess zur Verfügung. Seine Themenschwerpunkte innerhalb der Fachdisziplin der politischen Bildung sind Dekolonialität, Rassismuskritik, Globalisierung und Citizenship Studies.

Julia Koll, studierte Sozialraumorientierte Soziale Arbeit, Internationale Entwicklung und Germanistik in Wien. Beruflich beschäftigt sie sich mit den Themen Migration, Zusammenleben, Bildung und Nachhaltigkeit. Sie ist Mitgründerin der Initiative KAUZ – Werkstatt für Klima, Arbeit und Zukunft – und des KauzPod, dem Podcast zu Klima, Arbeit und Zukunft.

Jutta Matysek, Sprecherin der BürgerInitiative „Rettet die Lobau – Natur statt Beton“, ein überparteilicher Verein, der sich seit 2003 gegen die geplanten Autobahnen im Nordosten von Wien und für umweltfreundliche Mobilität und den Schutz der Lobau einsetzt.

Josef Mühlbauer, Politikwissenschaftler, Mitarbeiter des Varna Institute for Peace Research (VIPR); Arbeitsschwerpunkte: Queeranarchismus, Staatstheorien und Degrowth. Mitherausgeber des Sammelbandes „Zur imperialen Lebensweise“ (Mandelbaum Verlag, 2022).

Lilly Panholzer, Lehrerin für BE und Werken an einem Wiener Gymnasium, aktiv bei den Teachers for Future, findet, dass in der Schule und anderswo Kollapsbewusstsein und die Revolution für das Leben (noch) viel zu klein ist und fordert hiermit auf, dies zu ändern. Mentale Unterstützerin von #Lobaubleibt.

Katharina Ritter, Juristin, Kuratorin und Autorin für Architektur. Seit 1994 ist sie als Kuratorin und seit 2006 als Programmkoordinatorin für das Architekturzentrum Wien tätig.

Michael Sertl, ehemaliger Hauptschullehrer, Soziologe; Humanwissenschafter an der PH Wien (i.R.); Arbeitsschwerpunkte: Schule und soziale Ungleichheit; Soziologie der Schule und des Unterrichts. Mitherausgeber der Schulhefte.

Gerlind Weber, Studium der Soziologie, Rechtswissenschaften, Raumplanung. 1991–2012 Universitätsprofessorin für Raumforschung und Raumplanung an der Univ. für Bodenkultur. Lehrtätigkeit an zahlreichen Universitäten und Gastprofessur an ETH Zürich und Kyoto University. Heute freischaffende Raumwissenschafterin. Sie beschäftigt sich mit der nachhaltigen Entwicklung ländlicher Räume, schrumpfenden Regionen, Frauen am Land, Bodenpolitik, Ortskernrevitalisierung und den Raumwirkungen des demographischen Wandels.

Christa Wichterich, feministische Soziologin mit den Schwerpunkten Gender und Entwicklung, hat als Gastprofessorin für Geschlechterpolitik in Kassel, Wien und Basel unterrichtet. Arbeitet gleichzeitig als freiberufliche Publizistin und Buchautorin. Arbeitsschwerpunkte: feministische Ökonomie und Ökologie, Care Arbeit, internationale feministische Bewegungen.

Markus Wissen, Politikwissenschaftler, lehrt und forscht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa Luxemburg Stiftung, Arbeitsschwerpunkte: imperiale Lebensweise, Arbeit und Ökologie, sozial-ökologische Transformation.

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Studienverlag: Schulheft 186

SCHULE.MACHT.ANGST

Denk- und Möglichkeitsräume tabuisierter Zusammenhänge in Schule und Hochschule

heft-185
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Klappentext

Macht und Angst sind wirkmächtige Begriffe, die die Funktion von Schule als Disziplinar- und Kontrollinstitution innerhalb unserer Gesellschaft unterstützen und perpetuieren.

Im vorliegenden schulheft werden die oftmals tabuisierten Themen Angst und Macht in Bezug auf schulische und hochschulische Kontexte analysiert. Dabei werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln sowohl theoretische Erklärungsmodelle als auch Machtpraktiken im Feld Schule bzw. Hochschule beleuchtet. Ein besonderer Fokus dieses schulhefts liegt auf künstlerischen Zugängen, mit deren Hilfe diese Emotionen in der Schule und Hochschule reflektiert und somit bearbeitet werden können.

Inhalt

Vorwort

Theoretischer Hintergrund

Erich Ribolits
Warum Bildung bei der Überwindung der Machtverhältnisse
nicht hilft, zu deren Erhalt aber ganz wesentlich beiträgt

Matthias Huber
Angst in der Pädagogik
Ein differenzierter Blick auf eine wirkmächtige Emotion

Martina Pihringer und Christine Rabl
(K)ein guter Ratgeber
Eine Reflexion über Angst in der Schule zwischen Bewältigen und Verstehen

Eveline Christof
Schule und Macht?
Zu den Rollen von Schüler*innen und Lehrer*innen und wie sich diese in der
Lehrer*innenbildung fortschreiben

Daniela Holzer
Macht, die Angst macht, und Angst, die (Gegen-)Macht macht
Fragmente aus der Erwachsenenbildung

Machtpraktiken im Feld Schule

Cathrin Reisenauer & Nadine Ulseß-Schurda
Macht und Angst
Zwei tabuisierte Aspekte schulischer Anerkennungsprozesse

Julia Reischl
„Es war eine asoziale Nummer“
Zur Perspektive von Schüler/innen auf Beschämung in der
Klassenöffentlichkeit des Schulunterrichts

Antonia Paljakka
Bullying.Macht.Angst

Julia Reischl
„Der Schüler hat die Macht zu spüren bekommen und
mir is trotzdem im Nachhinein so peinlich“
Zu Aggression und Schuld als Maske der Scham bei der Lehrperson

Bearbeitung von Macht und Angst mit künstlerischen Ansätzen

Julia Köhler, Alexander Hoffelner
Macht.Theater.Angst.
Ansätze theaterpädagogischer Erfahrungsräume zum Thema Macht

Markus Göller
Musik•Macht•Schule

Stephan Engelhardt
Hiketides – Die um Schutz Flehenden
Die theatrale Szene und ihre therapeutische Dimension

Marlene Kowalski, Söhnke Post
Sexualität und Pädagogik – Tabus in der Lehrer*innenbildung
Erziehungswissenschaftliche Konzepte und literaturdidaktische Überlegungen
zur Professionsentwicklung

Autor*innen dieser Ausgabe

Vorwort

Emotionen haben zweifellos einen großen Einfluss auf unser Denken und Handeln, aber auch auf das Lernen der Schülerinnen und
Schüler. Das vorliegende schulheft widmet sich der Analyse des Zusammenhangs der drei Bereiche Schule, Macht und Angst. In der Schule spiegeln sich die Strukturen der herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse wider. Schule, als ein Teil des Gesellschaftssystems, hat unter anderem die Aufgabe, das herrschende System (oder auch das System der Herrschenden?) zu stabilisieren, aufrechtzuerhalten, weiterzuführen und dementsprechend zu selektieren. So finden sich auch jene Strukturen der Herrschaft und der Macht in der Schule, die die Gesellschaft vorgibt. Im System Schule werden Rollen ebenso verteilt, wie die damit zusammenhängenden Verhältnisse von Macht und Ohnmacht.
    Aber ist die Ausübung einer strukturellen, vorgegebenen Macht auch immer legitim? Wie verteilen sich Macht und Ohnmacht im System Schule, in der Hochschule, in den einzelnen Schulstandorten, in den jeweiligen Klassenzimmern? Und wie kann sich Macht bzw. Ohnmacht, wenn sie sich auf Einzelne konzentriert, in Angst verwandeln? Wir fragen also: Macht Schule Angst? Wird Angst in der Schule durch bestimmte Mechanismen systematisch erzeugt? Oder auch so: Welche besondere Art von Macht verbreitet in der Schule Angst?
    Angst ist eine Emotion, die nicht nur negativ zu sehen ist, hat sie doch in der Geschichte der Menschheit auch eine wichtige Funktion, indem sie Menschen bspw. zur Vorsicht vor Bedrohungen mahnt. Beim Thema Angst und Schule liegt der Blick meist auf dem psychologischen Phänomen der Angst im Sinne von Furcht vor Misserfolg und Versagen, und zwar bezogen auf den Unterricht, auf das soziale Umfeld der Schüler*innen und auf die Leistungsbeurteilung. Dazu werden die Blickwinkel von Schüler*innen, Lehrer*innen sowie von angehenden Lehrer*innen einer näheren Betrachtung unterzogen.
    Warum macht Schule Angst? Welche Formen von Macht und Ohnmacht finden sich im Schulfeld und wie wird dort Angst erzeugt? Ist die systembedingte Leistungsmessung der Faktor für die Entstehung von Angst in der Schule – Stichwort „Prüfungsangst“? Wie gehen Lehrer*innen mit jenen dem System inhärenten Machtstrukturen um? Wie setzen sich Lehramtsstudierende mit diesem Teil ihrer zukünftigen Rolle – Macht gegenüber Schüler*innen auszuüben und Ohnmacht gegenüber dem System Schule – auseinander?
    Welche weiteren strukturellen Bedingungen der Institution Schule können dazu beitragen, dass Ängste entstehen und sich bei den Beteiligten manifestieren? Welche Rolle spielt dabei das hidden curriculum? Von den systembedingten Faktoren abgesehen, gibt es eine Reihe individueller Gründe für Schulangst. Welche Auslöser, Ursachen und Beweggründe lassen sich identifizieren?
    Diese Ausgabe des schulhefts fragt auch danach, wie der Schulangst begegnet werden kann, welche Möglichkeiten der Prävention und welche Ansätze zur Bearbeitung von Ängsten sich ausfindig machen lassen. Dazu werden im vorliegenden Heft Beispiele aus der Praxis und künstlerische Zugänge zum Thema Macht und Angst in Schule und Hochschule vorgestellt, und ebenso kommen auch andere kreative Formen des Umgangs mit Angst zur Sprache.

Zu den einzelnen Beiträgen

Der erste Teil des vorliegenden Hefts spannt einen theoretischen Rahmen für das Thema auf. Dessen erster Beitrag ist ein Wiederabdruck aus dem Sammelband „Bildung und Macht. Eine kritische Bestandaufnahme“, der 2015 von Eveline Christof und Erich Ribolits herausgegeben wurde. Wir drucken diesen Text nochmals in diesem schulheft ab, da die Idee zu dieser Ausgabe von Erich Ribolits stammt, der die Fertigstellung des Hefts leider nicht mehr miterleben konnte. Schon im Titel seines Beitrags ist zu lesen, dass Bildung bei der Überwindung der Machtverhältnisse nicht hilft, zu deren Erhalt aber ganz wesentlich beiträgt. Nach Streifzügen durch die historische und aktuelle Debatte um den Bildungsbegriff wird nach dessen Verquickung mit Macht gefragt sowie danach, wie Bildung gefasst werden müsste, um tatsächlich Bildungsprozesse anregen zu können.
    Matthias Huber wirft einen differenzierten Blick auf die wirkmächtige Emotion Angst. Er beleuchtet die vielfältigen Funktionenvon Angst, von ihr als negativ konnotiertem Erlebnis bis hin zu den wichtigen Funktionen, die Angst für das Individuum erfüllt.
    Martina Pihringer und Christine Rabl gehen einen anderen Weg, indem sie im Rahmen eines philosophischen Nachdenkens die Funktionen von Angst in der Schule zwischen Bewältigen und Verstehen reflektieren.
    In ihrem Beitrag widmet sich Eveline Christof der Perspektive von angehenden Lehrer*innen und ihren Erfahrungen mit Macht, die sie selbst im Feld Schule erlebt haben, und den möglichen Auswirkungen auf ihre zukünftige Rolle als Lehrpersonen.
    Danach fragt Daniela Holzer, ob Macht Angst macht oder ob nicht gar Angst eine (Gegen-)Macht machen könnte. Dabei unternimmt sie Streifzüge durch die Erwachsenenbildung und Weiterbildung.
    Die folgenden vier Beiträge des zweiten Teils dieses schulhefts widmen sich explizit bestimmten Machtpraktiken, die im Feld Schule zentrale Rollen spielen. Cathrin Reisenauer und Nadine Ulseß-Schurda beleuchten Macht und Angst als zwei tabuisierte Aspekte schulischer Anerkennungsprozesse. Ausgehend von Erzählungen, die Schüler*innen im Rahmen eines Forschungsprojekts verfasst haben, in welchen sie über Situation mit ihren Lehrpersonen berichten, entfalten die Forscherinnen mögliche Szenarien, wie Erfahrungen von Angst in der Schule bearbeitet werden können.
    Julia Reischl ermöglicht mit ihrem Beitrag Einblicke in Ohnmachtserfahrungen, die Schüler*innen durch Beschämung im Unterricht erleben. Diese analysiert sie mit tiefenhermeneutischen Methoden.
    Antonia Paljakka umreißt das Phänomen Bullying (bzw. Mobbing) in der Schule und thematisiert dabei besonders den Aspekt des Machtungleichgewichts zwischen Mobbenden und Betroffenen sowie die unterschiedlichen Dimensionen der Angst im Bullying-Geschehen.
    In einem weiteren Beitrag von Julia Reischl wird auch die andere Seite des unterrichtlichen Geschehens aus der Perspektive einer Lehrperson mit tiefenhermeneutischen Methoden analysiert. Es wird die Sicht eines Lehrers auf Macht, Beschämung und den Umgang damit aufgerollt.
    Der dritte Teil des vorliegenden schulhefts widmet sich der Bearbeitung des Themas aus künstlerisch-ästhetischen Perspektiven. Zunächst stellen Julia Köhler und Alexander Hoffelner theaterpädagogische Zugangsweisen vor, die es ermöglichen, Emotionen wie Angst, die durch Ohnmacht entstehen kann, kritisch zu bearbeiten. Markus Göller entfaltet einen spezifischen Zugang und zeigt auf, wie es gelingen kann, Musik im Kontext Schule so einzusetzen, dass Schüler*innen durch Beschäftigung mit Musik zunehmende Resilienz – vor allem gegenüber Zuständen wie Angst – aufbauen. Im letzten Beitrag stellt Stephan Engelhardt ein schulisches Projekt vor, bei dem anhand einer Schultheateraufführung Ängsten einer Gruppe von Schülerinnen mit Fluchterfahrungen implizit und explizit begegnet werden. Theaterpädagogische Arbeit fördert, so die These des Autors, die performative Selbstreferenzialität der Jugendlichen und ermöglicht die Entwicklung neuer Formen von psychosozialer Selbstregulation.
    Dieses schulheft widmen wir dem im April 2021 verstorbenen Erich Ribolits, von dem die ursprüngliche Idee für dieses Thema stammt. Sein Humor, seine undogmatische Herangehensweise und sein genaues Hinterfragen waren uns stets wichtige Gradmesser, unsere eigenen Sichtweisen zu problematisieren und neu zu justieren. Bei öffentlichen Präsentationen der schulhefte vertrat er uns oft auf dem Podium und brachte die pädagogischen und gesellschaftspolitischen Anliegen der schulhefte nicht nur durch sein Wissen, sondern auch durch seine von Humor und Ironie durchsetzte Rhetorik den Zuhörer*innen nahe. Als verantwortlicher Redakteur gestaltete er gemeinsam mit Kolleg*innen viele schulhefte, in denen er sich vor allem mit gesellschaftspolitischen Anliegen wie Bildung, Arbeit und Lehrer*innenbildung beschäftigte. In unserem Wirken wird sein Wirken weiterleben.

Eveline Christof und Julia Köhler

 

Autor*innen dieser Ausgabe

Redaktion
Eveline Christof und Julia Köhler

Eveline Christof, Univ.-Prof. Mag. Dr., Professur für Bildungswissenschaften an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Arbeitsbereiche: Professionalisierungsforschung, Schulpädagogik, Allgemeine Didaktik, Lernen und Lehren, ästhetische Bildungsprozesse, Bildung und Macht. Kontakt: christof@mdw.ac.at

Stephan Engelhardt, Dr. phil. Mag. art., Theaterpädagoge, Kunstpädagoge, Psychotherapeut für KIP in eigener Praxis. Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche. Kontakt: stephanengelhardt1@gmail.com

Markus Göller, Mag., Mag., PhD ist Assistent am Institut für Musikpädagogik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Kirchenmusiker und Gymnasiallehrer in Perchtoldsdorf sowie Instrumentalpädagoge an der Musikschule Brunn am Gebirge. Kontakt: goeller@mdw.ac.at

Alexander Hoffelner, Mag. BA BA, Universitätsassistent am Zentrum für Lehrer*innenbildung der Universität Wien, Forschungsschwerpunkte: Theaterpädagogik, Pädagogische Improvisation, Politische Bildung; BHS-Lehrer für Geschichte und Politische Bildung, Geografie und Wirtschaft sowie Theater, Dozent für Improvisation, Referent in der Lehrer*innenfortbildung, Schauspieler, Theaterpädagoge. Kontakt: alexander.hoffelner@univie.ac.at

Daniela Holzer, Assoz. Prof.in Dr.in, Assoziierte Professorin am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft der Universität Graz, Fachbereich Erwachsenen- und Weiterbildung; Lehr- und Forschungsschwerpunkte: kritische Bildungstheorie, kritische Erwachsenenbildung, Weiterbildungswiderstand. Kontakt: daniela.holzer@uni-graz.at

Matthias Huber, HS-Prof. Mag. Dr., ist Professor für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung an der Pädagogischen Hochschule Kärnten. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Pädagogische Epistemologie und Anthropologie, Bildung und Emotion, Bildungsverlaufsforschung, Lehrer*innenbildung, Schulentwicklung, Mixed-Methods-Forschung. Kontakt: matthias.huber@univie.ac.at

Julia Köhler, Mag. Dr., Senior Lecturer am Zentrum für Lehrer/innenbildung, Universität Wien; Lektorin an der Akademie der bildenden Künste, Wien; Lehr- und Forschungsschwerpunkte: Theaterpädagogik, Kulturelle Bildung. Kontakt: julia.koehler@univie.ac.at

Antonia Paljakka, BA MA, Studium der Bildungswissenschaft an der Universität Wien und der Universität Jyväskylä (Finnland). Universitätsassistentin am Zentrum für Lehrer*innenbildung der Universität Wien mit dem Dissertationsthema „Lehrersensibilität für Bullying unter Schüler*innen“. Lehre im Bereich der allgemeinen bildungswissenschaftlichen Grundlagen. Forschungsschwerpunkte: Bullying, Lehrer*innenbildung, Professionalisierung. Kontakt: antonia.paljakka@univie.ac.at

Martina Pihringer, BA, Lehrende an der BAfEP21 für Didaktik und Praxis; derzeit Masterstudium am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien; Schwerpunkt: Biographie, Bildung und Gesellschaft.

Christine Rabl, Mag. Dr., Lehrende an der Universität Wien, der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und an der BAfEP21; Lehr- und Forschungsschwerpunkte: Bildung und situiertes Wissen, Elementarpädagogik. Kontakt: christine.rabl@univie.ac.at

Julia Reischl, Mag. Dr. phil., Univ.-Ass. Post-doc am Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung (ILS) der Leopold- Franzens-Universität Innsbruck. Lehr- und Forschungsschwerpunkte: (qualitativ-empirische) Schul- und Unterrichtsforschung, Professionalisierung und LehrerInnenbildung, Reflexion
pädagogischer Lern- und Bildungsprozesse. Ausbildung zur Individualpsychologischen Kinder-, Jugendlichen- und Erwachsenenpsychotherapeutin. Kontakt: julia.reischl@uibk.ac.at

Cathrin Reisenauer, Mag.a Mag.a Dr.in, lehrt und forscht an der Fakultät für LehrerInnenbildung der Universität Innsbruck. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Inklusion im Bildungsbereich, pädagogisches Handeln und Partizipation in Schule und Forschung. Kontakt: cathrin.reisenauer@uibk.ac.at

Erich Ribolits, Univ.-Prof. Dr. (1947–2021), Professor für Erwachsenenbildung am Institut für Bildungswissenschaften der Universität Wien, Lehrbeauftragter an mehreren österreichischen Universitäten und Fachhochschulen, Lehr- und Forschungsschwerpunkte: kritische Bildungstheorie, Erwachsenen- und Weiterbildung.

Nadine Ulseß-Schurda, Mag.a Dr.in, Lehrerin für Deutsch und Englisch, Lehrbeauftragte an der Fakultät für LehrerInnenbildung der Universität Innsbruck; Lehr- und Arbeitsschwerpunkte: pädagogisches Handeln, Holocaust- und Menschenrechtsbildung, Existenzielle Pädagogik. Kontakt: Nadine-ulsess-schurda@uibk.ac.at

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Studienverlag: Schulheft 185

Mind the Gap

Das (uneingelöste) Versprechen von Bildung

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Klappentext

Bildung sei Kulminationspunkt heutiger „Erlösungshoffnungen“, kritisierte einst Erich Ribolits. Die vorliegende schulheft-Ausgabe „Mind the Gap“ will der Einbildung, Bildung sei Allheilmittel gegen soziale Probleme, ebenso kritisch im Wege stehen. Trotzdem: Das Scheitern des Bildungssystems bei dem Anliegen, sozialer Ungleichheit entgegenzuwirken, ist nicht alternativlos. Schule muss nicht ein Ort der Ohnmacht und des Rassismus sein und Basisbildung kann ein kritischerer Ort als die Hochschule sein. Aber solange es Flüchtlingslager wie Moria, Deutschförderklassen, Anti-Migrant*innen-Gesetze, Extremismus, ungleiche Genderverhältnisse und neoliberale Pädagogisierung gibt, bleibt das Versprechen von Bildung unvollständig.

Inhalt

Editorial

Autor*innenkollektiv IGDaZDaFBasisbildung
Wir schreiben unsere Geschichte selbst

Saraya Gomis
Praxisblicke auf institutionellen Rassismus an Schulen

Martin Gerner
Bildungsherausforderungen in den Flüchtlingslagern Moria und Kara Tepe auf Lesbos
Ein Erfahrungsbericht

„Es ist definitiv an der Zeit, etwas zu verändern“
Noomi Anyanwu vom Black-Voices-Anti-Rassismus-Volksbegehren und Theo Haas von Schüler*innen gegen Abschiebung im Gespräch mit Petra Neuhold

Christine Braunersreuther & Iris Mendel
Beruhigen Sie sich (und andere)!
Eindrücke aus dem Homeschooling

Angela Huber-Stuhlpfarrer
Gesundheit und Bildungsressourcen von Schüler*innen im Kontext der Coronapandemie
Eine sozial ungleiche Verteilung

Christoph Butterwegge
Die überforderte Bildung
Bildung schützt nicht wirksam vor Armut und nützt auch wenig im Kampf gegen soziale Ungleichheit

Stefan Wellgraf
Rechtfertigung
Alltagsmoral und berufliche Dilemmata im pädagogischen Bereich

Andreas Peham
Kritische Bildungsarbeit zur Prävention von Extremismus
im Kontext von Terror und Terrorbekämpfung

Jan Niggemann
Sich um die Zukunft sorgen
Wie begründet sich pädagogische Autorität?

Rezensionen

Robert Schabus: Mind the Gap
Eine Filmempfehlung von Elke Renner

Petra Neuhold
Rassismuskritik und pädagogische Professionalität

Autor*innen dieser Ausgabe

Editorial

Dass die Schule ihr Bildungsversprechen lediglich für einen privilegierten Teil der Bevölkerung einlöst, ist (bildungs-)wissenschaftlicher Dauerbefund. In aktuellen öffentlichen Debatten wird dies kaum gesellschaftskritisch, sondern primär als Versagen von Lehrer*innen, Schüler*innen oder Eltern diskutiert. Insbesondere im Zusammenhang mit den PISA-Studien seit 2001 wird Bildung wieder stärker zu einem zentralen Instrument der Überwindung von gesellschaftlichen Spaltungslinien stilisiert und Lehrer*innen, Eltern und Schüler*innen mehr eigenverantwortliches Handeln und Anpassungsbereitschaft abverlangt. Lehrer*innen sollen sich in ihrem pädagogischen und erzieherischen Handeln stärker professionalisieren, Schüler*innen in ihren Lernleistungen mehr anstrengen und Eltern größeres schulisches Engagement sowie ggf. Integrationsbereitschaft an den Tag legen. Eine breite öffentliche Diskussion über die diskriminierenden Anrufungen von migrantisierten und deprivilegierten Schüler*innen und ihren Eltern bleibt weitgehend aus, ebenso die Kritik an den Rahmenbedingungen, unter denen dieses Handeln eingefordert wird. Dies hängt zusammen mit dem hegemonialen Verständnis von Bildung und Schule, in dem Bildung als Allheilmittel aller möglichen sozialen Probleme und Schule als unpolitischer und neutraler Ort gedacht werden.
    Mit diesem Heft liefern wir keine weiteren empirischen Daten zum Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und Bildung, wir verfolgen auch keine theoretische Diskussion des Bildungsbegriffs und wir suchen keine pädagogischen Antworten auf die zunehmende soziale Ungleichheit. Stattdessen begeben wir uns auf verschiedene Schauplätze der Ungleichheit und des Widerspruchs, an denen das uneingelöste Versprechen von Bildung – auf Emanzipation, auf politische Teilhabe, auf das gute Leben, auf Solidarität – sichtbar wird und damit sowohl das Versagen von Bildung als auch das, was Bildung sein könnte. „Mind the gap“ bezieht sich daher auf Verschiedenes und doch Zusammenhängendes: auf die Kluft, die durch soziale Ungleichheit entsteht, die damit einhergehende Bildungsungerechtigkeit, aber auch auf den Widerspruch zwischen Versprechen und Wirklichkeit, zwischen dem, was ist, und dem, was sein sollte.
    Das Heft richtet sich daher auch gegen die vorherrschende neoliberale Erzählung der Alternativlosigkeit, die auch das Thema Bildung betrifft. Die eingeschränkte gesellschaftliche Vorstellungskraft und ihre entpolitisierende und entsolidarisierende Wirkung verstehen wir zum einen im Kontext der durch neoliberale kapitalistische Konkurrenzverhältnisse vorangetriebenen Individualisierung und Isolierung, die sich im Zusammenhang mit der „Corona-Krise“ zugespitzt haben. Zum anderen deuten wir die vermeintliche Alternativlosigkeit vor dem Hintergrund einer unvollendeten gesellschaftlichen Demokratisierung.
    „Wer ändern will, kann es wahrscheinlich überhaupt nur, indem er diese Ohnmacht selber und seine eigene Ohnmacht zu einem Moment dessen macht, was er denkt und vielleicht auch was er tut,“ schreibt Theodor W. Adorno1. Ein Gedanke, der sich neoliberalen pädagogisierenden Diskursen und einem überzogenen Heilsversprechen von Bildung jedenfalls widersetzt. Reale Ohnmacht in das politische und pädagogische Handeln integrieren und dennoch nicht aufgeben, das scheint auch Angela Davis zu sagen: „Wir müssen so tun, als ob es möglich wäre, die Welt radikal zu verändern. Und wir müssen es ständig tun.“ Wir stoßen auf dieses Zitat in den Räumlichkeiten von das kollektiv, dem autonomen Bildungszentrum von und für Migrantinnen in Linz, wo es in großen Buchstaben auf die Tafel geschrieben wurde. Ein Beitrag aus dem Kontext der migrantisch-feministischen Sprachbildung in der Erwachsenenbildung eröffnet auch unser Heft.
    „Wir schreiben unsere Geschichte selbst“ ist ein Stück Archivund Erinnerungsarbeit: Das Autor*innenkollektiv IGDaZDaFBasisbildung arbeitet in diesem Beitrag Interviews mit sechs Aktivist*innen auf, die die migrantisch-feministische Bildungsarbeit in Österreich mitbegründet und geprägt haben. Der Annahme, dass kritische Bildungsarbeit von den weißen akademischen Zentren der Mehrheitsgesellschaft ausströme, widersprechen die Autor*innen. Sie schildern nicht nur den steinigen Weg an der Schnittstelle von Bildungs- und Migrationskämpfen, sondern auch ambivalente Solidaritäten und die kritische Theorie- und Wissensarbeit, die zugleich Grundlage und Ergebnis ihrer Praxis sind.
    Dass Bildung und Schule nicht unbedingt Lösung, sondern auch Teil des Problems sein können, macht Saraya Gomis’ grundlegender Beitrag über institutionellen Rassismus in der Schule deutlich. Sie argumentiert, dass neben individueller rassistischer Diskriminierung auch die weniger offensichtliche und eher akzeptierte institutionelle rassistische Diskriminierung der Schule in den Blick genommen werden muss, um Rassismus etwas entgegensetzen zu können. Dabei bezieht sie sich auf Schwarze Widerstandsbewegungen, die den Begriff des institutionellen Rassismus geprägt haben, und bringt auch einen Text eines ehemaligen Schülers.
    Der Journalist Martin Gerner berichtet über die sich seit 2015 sukzessive verschlechternde Bildungssituation von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in den europäischen Lagern Moria und Kara Tepe auf Lesbos. Neben dem Versagen der Europäischen Union dokumentiert er, wie NGOs und Geflüchtete selbst versuchen, Bildung in und außerhalb der Lager zu organisieren. In diesem Beitrag wird die globale Ungleichheitsdimension des Bildungsausschlusses im Zusammenhang mit der europäischen Grenzpolitik aufgezeigt. Gemeinsam mit anderen Texten in diesem Heft wird sichtbar, wie sich die Grenzen im Inneren der europäischen Nationalstaaten und ihren Bildungssystemen fortschreiben.
    Die anti-rassistischen Proteste des letzten Jahres in Österreich sind Thema des Interviews mit Noomi Anyanwu, Sprecherin des Black-Voices-Anti-Rassismus-Volksbegehrens, und Theo Haas von Schüler*innen gegen Abschiebung. Petra Neuhold spricht mit den beiden über ihr politisches Engagement, ihre Forderungen und Ziele für eine anti-rassistische Gesellschaft und darüber, welche Rolle die Schule im Kampf gegen Rassismus spielen könnte.
    Christine Braunersreuther und Iris Mendel schildern auf kreative Weise Eindrücke aus dem Homeschooling während der Corona-Pandemie. Sie deuten damit auf die vergeschlechtlichten Reproduktionsverhältnisse hin, auf der die Institution Schule beruht und die sie auch immer wieder „anruft“, was während der „Schulschließungen“ besonders deutlich wurde.
    Dass Gesundheit und Bildungsressourcen auch in Österreich ungleich verteilt sind und sich dies im Zuge der Corona-Pandemie verschärft hat, zeigt Angela Huber-Stuhlpfarrer in ihrem Text. Selbst als Schulärztin tätig, kritisiert sie die Dethematisierung sozialer Ursachen für höheres Infektionsgeschehen in so genannten „Brennpunktschulen“ sowie für Gesundheit überhaupt. Statt einer Pädagogisierung und Therapeutisierung sozialer Probleme plädiert sie für solidarische gesellschaftliche Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche und eine gerechte Ressourcenverteilung.
    Auch Christoph Butterwegge weist Bildung als Allheilmittel gegen soziale Probleme zurück. Sein Beitrag dekonstruiert den Mythos, dass Bildung gegen Armut schützt und sich soziale Ungleichheit über ein „Mehr“ an Bildung überwinden lässt. Der Autor kritisiert die damit einhergehende Schuldzuweisung an Betroffene und weist darauf hin, dass neben der Verbesserung von Bildungseinrichtungen gegen Armut und soziale Ungleichheit vor allem Maßnahmen der Umverteilung notwendig sind. Armut und soziale Ungleichheit werden zwar gerne als Folge von „Bildungsdefiziten“ dargestellt, tatsächlich ist aber „mangelnde“ Bildung Folge von Armut und sozialer Ungleichheit.
    Um Verantwortungsdelegation in Bezug auf Bildungsungleichheit geht es auch in Stefan Wellgrafs Text. Mittels ethnographischer Forschung an Berliner Sekundarschulen untersucht der Autor, wie Lehrer*innen mit beruflichen Dilemmata umgehen, die sich aus dem Aufeinandertreffen der schulischen Realität von Leistungsmessung und Disziplinierung und emanzipativen pädagogischen Idealen ergeben. Um eine zunehmend exkludierende Schulpraxis zu rechtfertigen, wird dabei auf gesellschaftlich hegemoniale meritokratische und kulturalisierende Argumentationsmuster zurückgegriffen, die wiederum vor allem Schüler*innen selbst die Verantwortung für ihr Scheitern zuschreiben.
    Die bereits in Stefan Wellgrafs Beitrag angedeuteten Gefühle der Ohnmacht von Lehrer*innen in Bezug auf Bildungspolitik und soziale Ungleichheit werden in Andreas Pehams Text aufgegriffen. Der Autor setzt sie mit der Tendenz zunehmender Kulturalisierung sozialer Konflikte in Beziehung, die sich insbesondere gegen Muslim*innen bzw. „den Islam“ wendet. Junge Muslim*innen werden auch als vorrangige Zielgruppe von Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen bestimmt, während nationalistischer Extremismus der Mehrheitsgesellschaft weniger Beachtung findet. Peham skizziert nicht nur die widersprüchlichen schulischen Bedingungen, unter denen kritische Bildungsarbeit zur Prävention von Extremismus stattfindet, sondern auch deren pädagogische Orientierung weg von einer Widerlegung von Vorurteilen hin zum Subjekt und zur Funktion von Vorurteilen.
    Obwohl ein Versprechen von Bildung in der Befreiung von Autoritäten liegt, sind gerade im Bildungsbereich Rufe nach mehr Autorität wahrnehmbar. Der komplexen Frage der Autorität in Bildung widmet sich der Beitrag von Jan Niggemann, der sich mit den politischen und pädagogischen Gedanken des marxistischen Philosophen Antonio Gramsci beschäftigt. Angesprochen wird in diesem Beitrag auch die Notwendigkeit, „[s]ich um die Zukunft [zu] sorgen“, womit – fast am Ende des Heftes angelangt – die Frage nach der Möglichkeit, Zukunft anders zu denken, theoretisch aufgeworfen wird.
    Zwei Rezensionen beschließen dieses Heft und laden zum Weiterlesen bzw. -schauen ein: Elke Renner gibt eine Filmempfehlung für Robert Schabus’ 2020 erschienenen Film „Mind the Gap“, der den Titel dieses Heftes inspiriert hat. Petra Neuhold rezensiert Hanna Hoa Anh Mais 2020 erschienenes Buch „Pädagog*innen of Color. Professionalität im Kontext rassistischer Normalität“.
    Zu den oben angesprochenen Ohnmachtsgefühlen gesellen sich Wut und Erschöpfung – Letzteres wohl ein Grund, warum ein paar Autorinnen, darunter zwei der Redakteur*innen, ihre Texte zurückgezogen haben. Der Diskursschauplatz ist ja auch nur einer, an dem wir im Als-ob-Modus von Angela Davis die Welt verändern wollen, darüber hinaus gibt es die vielen – oft unsichtbar bleibenden – alltäglichen Kämpfe darum.
    Für das Lektorat möchten wir uns bei Bertl Gubi bedanken, für das Layout und die grafische Gestaltung bei Anna Großmann und Peter Sachartschenko. Ermöglicht wurde dieses Heft durch die Förderung der Arbeiterkammer Wien, die uns in der inhaltlichen Gestaltung freie Hand ließ. Danke!

Assimina Gouma, Iris Mendel, Petra Neuhold

1 Adorno, Theodor W. (1971) Erziehung zur Mündigkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 147.

Autor*innen dieser Ausgabe

Redaktion
Assimina Gouma
Iris Mendel
Petra Neuhold

Noomi Anyanwu ist Studentin, Aktivistin und Sprecherin des Black-Voices-Anti-Rassismus-Volksbegehrens. Seit ihrem 15. Lebensjahr ist sie bereits politisch
aktiv, aktuell mit ihrem Online-Aktivismus als @thisisnoomi. Außerdem tritt sie als Trainerin und Beraterin zum Thema Anti-Rassismus auf. Feminismus und Anti-Rassismus sind ihre Schwerpunkte.

Autor*innenkollektiv IGDaZDaFBasisbildung: In der IGDaZDaFBasisbildung vernetzen sich Kursleiter*innen und Aktivist*innen, um sich gemeinsam für faire und wertschätzende Lehr- und Lernbedingungen in der Erwachsenenbildung mit Migrant*innen einzusetzen. An dem Text mitgearbeitet haben: Kimberley Carrington, Gergana Mineva, Nima Obaro, Daniela Rechling, Sabine Schröder, Julija Stranner und Sabine Zopf.

Christoph Butterwegge hat von 1998 bis 2016 Politikwissenschaft an der Universität zu Köln gelehrt und ist Mitglied der dortigen Forschungsstelle für interkulturelle Studien (FiSt). Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Sozialstaatsentwicklung, (Kinder-)Armut und Reichtum; Rechtsextremismus, Rassismus und (Jugend-)Gewalt; Migration und Integration; Globalisierung, Neoliberalismus und demografischer Wandel.

Christine Braunersreuther ist Museologin, Kulturanthropologin und Lokalpolitikerin. Care-Feminismus ist Mittelpunkt ihrer Arbeit und ihres Lebens.

Martin Gerner ist Autor der Veröffentlichung „Moria.System.Zeugen“, erschienen 2021 im Böhlau Verlag (https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/moria). Als Journalist und Autor berichtet er v.a. für Deutschlandfunk/DeutschlandRadio und den ARD-Hörfunk aus Krisengebieten wie Afghanistan und Irak sowie weltweit. Er ist Privatdozent für Konfliktforschung an deutschen und internationalen Bildungseinrichtungen und Hochschulen zu Flucht, Migration und Fragen der Integration. Sein Dokumentarfilm „Generation Kunduz. Der Krieg der Anderen“ ist vielfach international ausgezeichnet und wurde in Moria kurz vor dem Brand gezeigt.

Saraya Gomis ist ehrenamtlich bei EOTO e. V. tätig.

Assimina Gouma ist schulheft-Redakteurin. Sie studierte Kommunikationswissenschaft und Soziologie und forscht zu den Themen Migration, Rassismuskritik, Intersektionalität, Mehrsprachigkeit und Medien. Aktuell lehrt sie an der School of Education (Bergische Universität Wuppertal).

Theo Haas ist 17 Jahre alt und Schulsprecher in der Stubenbastei (Wien).

Angela Huber-Stuhlpfarrer ist Ärztin für Allgemeinmedizin und seit 2012 als Schulärztin im Bundesschulwesen tätig. Sie ist Vorstandsmitglied der Gesellschaft
der Schulärzte und Schulärztinnen Österreichs. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen: Praxisforschung/Action Research zu bedarfsorientierter schulärztlicher Tätigkeit und Zusammenarbeit im schulischen Supportsystem. Fortbildungsschwerpunkte: Entwicklungs- und Sozialpädiatrie, Krisenintervention.

Iris Mendel ist schulheft-Redakteurin, Philosophin und Sozialwissenschaftlerin sowie Lehrerin für die Fächer Deutsch und Psychologie/Philosophie. Ihre Arbeitsbereiche sind Wissensproduktion und soziale Ungleichheit, kritische Wissenschaftsbildung, geschlechterreflektierte Pädagogik und feministische Theorien. Außerdem interessiert sie sich für Fragen des Schreibens von Erfahrungen, Elternschaft und care.

Petra Neuhold ist schulheft-Redakteurin. Sie studierte Soziologie und Geschichte und ist Lehrerin für die Fächer Deutsch und Geschichte. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Mehrsprachigkeit, Rassismuskritik, soziale Ungleichheit und österreichische Schulgeschichte. Sie arbeitet an der Pädagogischen Hochschule Wien.

Jan Niggemann ist Erziehungswissenschaftler und arbeitet als politischer Bildner zu Hegemonie, pädagogischer Autorität sowie Emotionen/Affekten, Klassismus und Bildung und veranstaltet mit dem Verein Forschung und Bildung in Bewegung die Salon Bildung Wien Edition (www.salon-bildung.at). Demnächst erscheint das Buch „Hegemonie bilden. Pädagogische Anschlüsse an Antonio Gramsci“, das er gemeinsam mit María do Mar Castro Varela und Natascha Khakpour herausgibt.

Andreas Peham studierte zwischen 1990 und 2000 Politikwissenschaften und eine Fächerkombination aus Zeitgeschichte, Entwicklungspolitik und Soziologie an der Universität Wien. Seit 1996 arbeitet er im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), Bereich Rechtsextremismus-Forschung. Peham ist zudem Gründungsmitglied der Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit (www.fipu.at). Seit Mitte der 1990er Jahre ist er in der Lehrer*innenfortbildung und im Rahmen der Politischen Bildung an Schulen tätig (Extremismusprävention, rassismus- und antisemitismuskritische Bildungsarbeit).

Elke Renner ist AHS-Lehrerin i. R.

Stefan Wellgraf arbeitet im Rahmen einer Heisenbergförderung am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Er studierte Sozial- und Kulturwissenschaften in Berlin und Frankfurt und war anschließend Kollegiat am Graduiertenkolleg „Berlin-New York“ an der TU Berlin. Er war Visiting Scholar an der New York University und der Goldsmith University London. Weitere Stationen führten ihn als wissenschaftlichen Mitarbeiter an das Johann Jacobs Museum in Zürich und als Vertretungsprofessor an die Universität Hamburg. Zu seinen Forschungsinteressen zählen soziale Ungleichheit, Migration sowie Populär- und Medienkultur.

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Studienverlag: Schulheft 184

Sexualität und Pädagogik

Teil 2: Zur praktischen Umsetzung von Sexualpädagogik

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Klappentext

Sich theoretisch mit sexualpädagogischen Fragen auseinander zu setzen ist die eine Sache. Aber wie sieht es mit der praktischen Umsetzung aus? Der zweite Teil der schulheft-Doppelnummer „Sexualität und Pädagogik“ fokussiert auf Aspekte der Praxisumsetzung von Sexualpädagogik in Bildungseinrichtungen. Dabei werden unter anderem aktuelle Jugendsexualitäten zwischen On- und Offlinewelten behandelt. Weitere Beiträge besprechen Fragen der sexualpädagogischen Praxis in der Schule sowie Zugänge der Prävention sexueller Gewalt. Außerdem werden bestehende Leerstellen und innovative Möglichkeiten der sexualpädagogischen Ausbildung von Lehrkräften aufgezeigt.

Theoretische Auseinandersetzungen werden im ersten Teil der Doppelnummer (schulheft 182) verhandelt.

 

Inhalt

Editorial

Lebenswelten von Jugendlichen

Claudia Wallner
„Das Mädchen ist immer noch die Schlampe, der Bursche der Held …und positives Sprechen über Sexualität ein Tabu.“
Was Jugendliche über Sexualität sagen

Katharina Maierl
Jugendlichen-Sexualität 2.0
Sexuelle Bildung aus medienpädagogischer Perspektive

Hannah Kuen und Janis Körber
Sexy Redhead with big natural boobs on webcam

Umsetzung von Sexualpädagogik in der Schule

Stefanie Rappersberger
Sexualpädagogik als Unterrichtsprinzip
Wie sexuelle Bildung durch Lehrer*innen gelingen kann

Birgit Palzkill, Heidi Scheffel
Eine Schule für alle Geschlechter
Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in Schule und Unterricht

Hanna Rohn
Evidenzbasierte Argumente für professionelle sexuelle Bildung
Immer wieder werden sie heiß diskutiert: sexualpädagogische Workshops in Schulen.
Im Sinne der Kinder und Jugendlichen braucht es Fakten statt Vorurteile.

Bettina Weidinger, Wolfgang Kostenwein
Aufklärung war gestern.
Entwicklungsbegleitung als sexualpädagogischer Ansatz in der Altersgruppe 0 – 10

Marion Thuswald, Elisabeth Sattler
Über Bilder didaktische Möglichkeitsräume eröffnen
Impulse für eine differenzreflektierende sexualpädagogische Bildungsarbeit in Schule und Lehrer*innenbildung

Prävention sexualisierter Gewalt

Gabriele Rothuber
Ist Ihre Schule ein sicherer Ort?
Kinderschutzkonzepte für pädagogische Einrichtungen

Anna Tabea Meyer, Celina Khamis, Maria Urban
Eltern müssen mit ins Boot
Strukturell verankerte Angebote zur Sexuellen Bildung und zur Prävention von sexualisierter Gewalt

Elli Scambor, Malte Täubrich, Mart Busche, Bernard Könnecke, Jutta Hartmann
Potenziale einer heteronormativitätskritischen sexuellen Bildung für die Prävention sexualisierter Gewalt gegen Jungen*Lehrer*innenbildung

Sabine Wienholz, Lena Lache, Maria Urban
Ausbildungssituation und Kompetenzeinschätzungen von Lehrkräften – Empirische Ergebnisse aus der Online-Erhebung im Projekt SeBiLe

Marlene Kowalski, Söhnke Post
Sexualität und Pädagogik – Tabus in der Lehrer*innenbildung

Erziehungswissenschaftliche Konzepte und literaturdidaktische Überlegungen zur Professionsentwicklung

Autor*innen dieser Ausgabe

Editorial

Sexualität und Pädagogik stehen in einem spannungsreichen Verhältnis zueinander. Durch öffentliche Debatten, die von unterschiedlichen Positionen angetrieben werden und polarisieren, aber auch durch die eigene Sozialisation erfahrene Tabuisierung von sexuellen Themen, werden pädagogisch Tätige verunsichert und selten unterstützt.
    Gleichzeitig gibt es gesetzliche Rahmenbedingungen, die an Lehrende und Betreuende die Anforderung herantragen, Kinder und Jugendliche darin zu begleiten und dabei zu unterstützen, eine selbstbestimmte Sexualität zu leben.
    Als wäre die Situation nicht schon kompliziert genug, ist die Situation der sexualpädagogischen Ausbildung an Pädagogischen Hochschulen durchwegs mangelhaft und so bleibt es oft an der Motivation einzelner Lehrkräfte hängen, sich zu diesem vielschichtigen Thema Kompetenzen anzueignen und diese im Unterricht umzusetzen.
    Die Gemengelage aus hitzigen gesellschaftlichen Debatten, pädagogischen Ansprüchen und offenen Fragen zu Umsetzungsmöglichkeiten schafft Gesprächsbedarf über das Verhältnis von Pädagogik und Sexualität. Dass das Thema unter den Nägeln brennt und nach Aufmerksamkeit ruft, zeigten uns schon allein die zahlreichen Einsendungen, die unserem Call zu dieser Ausgabe folgten. Scheinbar gibt es ein starkes Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit Sexualität in pädagogischen Handlungsfeldern, die andernorts nicht befriedigt wird.
    Daraus ergab sich eine schulheft-Doppelnummer, die im ersten Band versucht, theoretische Konzepte vorzustellen, Begrifflichkeiten zu hinterfragen und Machtverhältnisse im sexualpädagogischen Kontext auszuloten. Außerdem wird gezeigt, wie eine kritische Weiterentwicklung zeitgemäßer Sexualpädagogik aussehen kann.
    Die Texte des hier vorliegenden zweiten Teils gehen tief in die konkrete Praxis und wollen Mut machen, Argumente liefern und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.
    Viele der Texte geben praxistaugliche Impulse, die wie beschrieben umgesetzt oder adaptiert werden können und die Lust machen sollen, eigene Wege zu finden oder das Thema überhaupt anzugehen.
    Zu Beginn werfen wir einen Blick auf die „Jugend von heute“. Mit welchen Lebensrealitäten und mit welchen Unsicherheiten sind junge Leute konfrontiert?
     Dabei lässt Claudia Wallner die Jugendlichen selbst zu Wort kommen. Im von ihr mitkoordinierten Webmagazin meinTestgelaende.de schreiben junge Leute über Themen, die sie beschäftigen. Sexualität und insbesondere die einengende Wirkung von sexuellen Normen werden im Webmagazin auf sehr persönliche Art von den Jugendlichen dargestellt. In dem Artikel werden einige dieser Jugendtexte besprochen.
    Katharina Maierl geht auf verschiedene Medienformen ein, mit denen Jugendliche umgehen. Sie erklärt Begriffe wie Pornografie oder Sexting und erläutert, wie diese in Zusammenhang mit dem Medienverhalten von jungen Leuten zu bringen sind. Auch Suchmaschinen und das Angebot an Online-Beratung nimmt sie in den Blick und plädiert für einen offenen Umgang mit digitalen Medien.
    Hannah Kuen und Janis Körber nehmen Pornografie in den Fokus und versuchen, sie aus dem verruchten Eck zu holen. Da ein Großteil junger Leute mit Pornografie in Berührung kommt, sprechen sich die Autor*innen für einen unvoreingenommenen Blick auf diese Mediengattung aus und wollen Unsicherheiten von Pädagog*innen beseitigen; nicht zuletzt deshalb, um unterstützend zu wirken.

Im zweiten Teil werden Überlegungen zu und Beispiele aus der Praxis sexualpädagogischen Handelns in Schulen versammelt. Den Anfang macht Stefanie Rappersberger, in dem sie ausgehend vom Grundsatzerlass für Sexualpädagogik in Österreich sowie von den Bedürfnissen und der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen auf die Notwendigkeit einer Sexuellen Bildung in Schulen hinweist. Sie zeigt zentrale Aspekte qualitätsvoller Sexualpädagogik auf und gibt somit ein Grundwerkzeug für die sexualpädagogische Arbeit in die Hand.
    Birgit Palzkill und Heidi Scheffel nehmen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in den Blick und zeigen auf, wie eine offene Schulkultur gelebt und Schule zu einem diskriminierungsarmen Ort werden kann. Im Zentrum steht dabei ihr Konzept einer geschlechterbewussten inklusiven Pädagogik, das Schüler*innen bei einer selbstbestimmten Entwicklung unterstützen soll.
    Hanna Rohn spricht sich für eine professionelle Sexuelle Bildung aus und dafür, externe Expert*innen an die Schulen zu holen. Sie listet gängige Vorurteile und Widerstände gegen Sexueller Bildung an Schulen auf und entkräftet die Aussagen wirksam und überzeugend.
    Die Altersgruppe der 0-10jährigen nehmen Bettina Weidinger und Wolfgang Kostenwein in den Blick. Sie setzen sich dafür ein, den Jüngeren eine Sexualität nicht abzusprechen und öffnen Handlungsräume für einen unverkrampften Umgang mit kindlicher Sexualität in der pädagogischen Praxis.
    Einen Zugang zu Sexualpädagogik über visuelles Material entwickeln Marion Thuswald und Elisabeth Sattler. Sie stellen ihre erprobte und empirisch begleitete Methode vor und zeigen Beispiele aus dem Forschungsprojekt Imagining Desires und Reflecting Desires. Diese sind nicht nur im Unterricht einsetzbar, sondern laden auch ein, sich mit den eigenen „Bildern im Kopf“ als pädagogisch Tätige*r kritisch auseinanderzusetzen.

Der dritte Teil widmet sich der Prävention von sexualisierter Gewalt und wie diese in institutionellen Bildungseinrichtungen aussehen kann.
    Ganz pragmatisch gibt Gabriele Rothuber einen Leitfaden zur Hand, wie in Schulen und Internaten Schutzkonzepte erstellt werden können und somit nicht nur Lehrer*innen, sondern auch Eltern Sicherheit geben können.
    Anna Tabea Meyer, Celina Khamis und Maria Urban gehen gezielt auf die Bedeutung der Eltern ein. Sie betonen die Wichtigkeit von Elternarbeit als Voraussetzung für eine gelungene Sexuelle Bildung. Sie wollen Mut machen, Transparenz zu vermitteln, da davon alle Beteiligten profitieren.
    Elli Scambor, Malte Täubrich, Mart Busche, Bernard Könnecke und Jutta Hartmann fokussieren auf die Prävention sexualisierter Gewalt gegen Jungen*. Dabei nehmen sie eine heteronormativitätskritische Perspektive ein und beleuchten, wie Geschlechterrollen und Traditionelle Männlichkeitskonstruktionen Gewalt gegen Jungen* begünstigen können. Dem treten sie entgegen, in dem sie sich für Heteronormativitätskritik und ein offenes Sprechen über Sexualitäten einsetzen.

Der vierte Teil befasst sich mit der Lehrer*innenbildung. Wie werden zukünftige Lehrende auf ihre sexualpädagogischen Aufgaben vorbereitet?
    Unzureichend bis gar nicht – zu diesem Schluss kommen Sabine Wienholz, Lena Lache und Maria Urban in ihrer quantitativen Untersuchung von Lehramtstudierenden. Sie zeigen auf, dass das Bildungsangebot für zukünftige Lehrer*innen fehlt und diese sich dann – wenig überraschend – schlecht vorbereitet fühlen. Die Autor*innen formulieren bildungspolitische Forderungen, die diesem Defizit entgegenwirken sollen.
    Eine didaktische Methode zur Arbeit mit Tabus in der Lehrer*innenbildung stellen Marlene Kowalski und Söhnke Post vor: Literarisches Lernen wird anhand eines Romans gezeigt. Dabei geht es um die Tabuisierung von sexueller Anziehung zwischen Lehrenden und Schüler*innen.

Viktoria Laimbauer, Paul Scheibelhofer

In den einzelnen Beiträgen werden unterschiedliche Gender-Schreibweisen verwendet. Die Redaktion hat dies den Autor*innen freigestellt.

 

 

Autor*innen dieser Ausgabe

Redaktion
Viktoria Laimbauer
Paul Scheibelhofer

Mart Busche, Politologe, arbeitet an der Alice Salomon Hochschule Berlin im BMBF-Praxisforschungsprojekt ‚JupP’: Jungen*pädagogik und Prävention
sexualisierter Gewalt. Arbeitsschwerpunkte: Intersektionalität, Gender & Queer Studies, Gewaltforschung.

Jutta Hartmann ist Professor_in für Allgemeine Pädagogik & Soziale Arbeit mit den Schwerpunkten Gender & Queer Studies an der Alice Salomon Hochschule Berlin und leitet u. a. das BMBF-Praxisforschungsprojekt ‚JupP’: Jungen*pädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt.

Celina Khamis studiert Kultur- und Bildungsmanagement an der Europäischen Fernhochschule Hamburg und unterstützt das BMBF-Projekt „Se-BiLe – Sexuelle Bildung für das Lehramt“ der Universität Leipzig und der Hochschule Merseburg als studentische Hilfskraft.

Bernard Könnecke, Politologe, ist Geschäftsführer bei Dissens – Institut für Bildung und Forschung (Berlin) und leitet u. a. das BMBF-Praxisforschungsprojekt ‚JupP’: Jungen*pädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt. Arbeitsschwerpunkte: Geschlechterreflektierte Pädagogik, Jungen*arbeit.

Janis Julian Körber ist seit 2013 Jugendsexualpädagoge und hat bis 2018 für achtung°liebe Workshops an Schulen gehalten. 2019 hat er die Ausbildung zum Sexualpädagogen absolviert.

Wolfgang Kostenwein, Österreichisches Institut für Sexualpädagogik; Sexualpädagoge, Klinischer Sexologe, Gesundheitspsychologe

Marlene Kowalski, wissenschaftliche Mitarbeiterin (Post-Doc) am Institut für Erziehungswissenschaft der Stiftung Universität Hildesheim

Hannah Kuen arbeitet als Sozialarbeiterin mit Kindern, Jugendlichen und Familien. 2020 hat sie ihre Ausbildung als Sexualpädagogin abgeschlossen und macht derzeit eine Weiterbildung zur Sexualberaterin.

Lena Lache, Dipl. Heilpädagogin mit Zusatzqualifikation „Fachbetreuerin für Autismus“, M.A. Angewandte Sexualwissenschaft, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-Forschungsprojekt „SeBiLe – Sexuelle Bildung für das Lehramt“ an der Universität Leipzig. Sie arbeitet seit langem in der Aus- und Fortbildung von Fachkräften der Behindertenhilfe zum Schwerpunkt Sexuelle Bildung für Menschen mit Beeinträchtigungen.

Viktoria Laimbauer studierte Lehramt und Soziologie in Wien und Hamburg mit den Schwerpunkten Feministische und Postkoloniale Theorien und Familiensoziologie. Sie unterrichtet an einer Volksschule in Wien.

Katharina Maierl, Erziehungswissenschaftlerin, Medienpädagogin und seit 2016 für die EU-Initiative saferinternet.at tätig, Sexualpädagogin i.A. (PIA Linz). Sie bietet Workshops für die Zielgruppen Volksschulkinder bis Senior*innen an (saferinternet.maierl@gmail.com). Lehrende an der FH Hagenberg (Studiengang: Kommunikation, Wissen & Medien). Projekt „Chancengleichheit für die digitale Zukunft“ – Medienkompetenz für sozial benachteiligte Jugendliche.

Anna Meyer, Lehramt Sonderpädagogik in Leipzig, Engagement unter anderem bei den Kritischen Lehrer*innen Leipzig und dem Projekt Vielfalt*Lehren. Seit Oktober 2019 studiert sie Soziale Arbeit an der Hochschule Merseburg und ist dort im Projekt SeBiLe als studentische Hilfskraft tätig.

Birgit Palzkill, Dr. phil., Diplom-Supervisorin, war Lehrerin und arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren als Fortbildnerin, Supervisorin und Wissenschaftlerin.

Söhnke Post, Germanist, Politologe, abgeordneter Studienrat am Deutschen Seminar der Leibniz Universität Hannover (Lehrstuhl Deutsche Literatur und ihre Didaktik). Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Lyrikdidaktik, Kulturdidaktik, Flucht und Trauma, Literaturdidaktik in der postmigrantischen Gesellschaft, Professionsforschung, Fachdidaktische Betreuung in der Lehrer*innenbildung im Master of Education.

Stefanie Rappersberger ist Psychologin, Sexualpädagogin und Lehrende am FH-Campus Wien. Sie hält seit 16 Jahren sexualpädagogische Workshops an Schulen, leitet den Lehrgang Sexualpädagogik der Österreichischen Gesellschaft für Sexualwissenschaften und ist Vorstandsmitglied der Plattform Sexuelle Bildung.

Hanna Rohn ist Sexualpädagogin in der Fachstelle Mädchengesundheit im Frauengesundheitszentrum in Graz und koordiniert in dieser Funktion auch das Netzwerk Sexuelle Bildung Steiermark. Sie hat u. a. Interdisziplinäre Geschlechterstudien an der Karl-Franzens-Universität Graz studiert und ist als Ausbildnerin und Lektorin für Sexualpädagogik sowie seit über 10 Jahren in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aktiv.

Gabriele Rothuber, Geschäftsführung Fachstelle Selbstbewusst, Salzburg. Dipl. Sexualpädagogin, Sexualberaterin, Systemische Traumapädagogin und -Fachberaterin. Begleitet seit 2012 Institutionen bei der Erstellung von Kinderschutzkonzepten

Elisabeth Sattler arbeitet als Bildungswissenschaftlerin am Institut für das künstlerische Lehramt an der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie lehrt und forscht zu Bildung – auch zu Fragen sexueller Bildung – zu Lehren und Lernen, pädagogischer Anthropologie, Subjektivitätstheorien u. a. m.

Elli Scambor, Soziologin, Pädagogin, Leiterin des Instituts für Männer- und Geschlechterforschung (Graz, Fokus Caring Masculinities), arbeitet in ‚JupP’: Jungen*pädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt und anderen Studien zur Prävention sexualisierter Gewalt an Jungen* (z. B. EU-Projekt Culture of Care).

Heidi Scheffel, Dr. phil., war Lehrerin, Schulleiterin und schulfachliche Dezernentin an und für Gesamtschulen. Sie arbeitet seit vielen Jahren als Fortbildnerin und Schulentwicklerin.

Paul Scheibelhofer ist Assistenzprofessor für Kritische Geschlechterforschung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck. Er beschäftigt sich in Forschung und Lehre mit Kritischer Sexualwissenschaft, emanzipatorischer Sexualpädagogik, Männlichkeitsforschung und
Migrationsforschung.

Malte Täubrich (B.A. Internationale Entwicklung & Soziale Arbeit) arbeitet bei Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V. in Berlin. Arbeitsschwerpunkte sind Forschung und Bildung zu Männlichkeiten* und Prävention und Aufarbeitung von Sexualisierter Gewalt gegen (männliche*) Kinder und Jugendliche. Wissenschaftliche Durchführung des BMBF-Praxisforschungsprojekts ‚JupP’: Jungen*pädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt gegen (männliche*) Kinder und Jugendliche. Wissenschaftliche Durchführung des BMBF-Praxisforschungsprojekts ‚JupP’: Jungen*pädagogik und Prävention sexualisierter Gewalt

Marion Thuswald arbeitet als Bildungswissenschaftlerin am Institut für das künstlerische Lehramt an der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie lehrt und forscht zu sexueller Bildung und Kunstpädagogik, Professionalisierung und partizipative Forschung und promovierte 2020 zu sexualpädagogischer Professionalisierung in der Lehrer*innenbildung.

Maria Urban, M.A. Angewandte Medien- und Kulturwissenschaft, B.A. Soziale Arbeit, ist seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin in den BMBF-Forschungsprojekten „Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Traumatisierung“ und „SeBiLe – Sexuelle Bildung für das Lehramt“. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Prävention von sexualisierter Gewalt, die Schule als Schutzraum vor sexualisierter Gewalt und Ort Sexueller Bildung sowie Schutzkonzepte in Schulen.

Claudia Wallner, Dr.phil., arbeitet seit über 30 Jahren in der Entwicklung und Weiterbildung von Mädchen*arbeit, Geschlechterpädagogik und Geschlechterpolitik. Sie hat zur Geschichte feministischer Mädchenarbeit promoviert und arbeitet seit 2013 in der Leitung des Genderportals mein-Testgelaende.de.

Bettina Weidinger, Österreichisches Institut für Sexualpädagogik und Sexualtherapien Sexualpädagogin, Sexualberaterin, Supervisorin

Sabine Wienholz, Medizinerin, Soziologin, Psychologin, Erziehungswissenschafterin, M.A. Sexualpädagogik und Familienplanung, ist seit 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-Forschungsprojekt „SeBiLe – Sexuelle Bildung für das Lehramt“ an der Universität Leipzig. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Sexuelle Bildung sowie Jugendsexualität mit dem Schwerpunkt Behinderung/Beeinträchtigung.

 

 

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Studienverlag: Schulheft 183

Sexualität und Pädagogik

Teil 1: Konzepte und Debatten

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  • Klappentext
  • Erich Ribolits
  • Inhalt
  • Editorial
  • Autor*innen dieser Ausgabe
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Klappentext

Sexualität und Pädagogik stehen in einem spannungsreichen Verhältnis zueinander. Im vorliegenden ersten Teil der schulheft-Doppelnummer „Sexualität und Pädagogik“ werden Konzepte und aktuelle Debatten diskutiert. Die Beiträge geben einen Überblick über Grundlagen der Sexualpädagogik, sie zeigen auf, wie umstritten die pädagogische Thematisierung von Sexualität auch heute noch ist und sie loten zukünftige Entwicklungslinien des Feldes aus.

Der zweite Teil (schulheft 183) beschäftigt sich mit der praktischen Umsetzung dieser Überlegungen.

Erich Ribolits
(2.12.1947 – 7.4.2021)

Die Herausgeber*innen des schulhefts trauern um ihren geschätzten Mitherausgeber Erich Ribolits. Erich hinterlässt eine Lücke im schulhefte-Team, die nicht zu ersetzen ist. In unseren Herausgeber*innensitzungen war er vor allem Anreger für neue Themen, für mögliche Autor*innen, ein sanfter Kritiker und manchmal auch ein ironischer Vermittler bei Unstimmigkeiten.
     Sein Humor, seine undogmatische Herangehensweise und sein genaues Hinterfragen waren uns stets wichtige Gradmesser, unsere eigenen Sichtweisen zu hinterfragen und neu zu justieren. Bei öffentlichen Präsentationen der schulhefte vertrat er uns oft auf dem Podium und brachte die pädagogischen und gesellschaftspolitischen Anliegen der schulhefte nicht nur durch sein Wissen, sondern auch durch seine von Humor und Ironie durchsetzte Rhetorik den Zuhörer*innen nahe. Als verantwortlicher Redakteur gestaltete er gemeinsam mit Kolleg*innen viele schulhefte, in denen er sich vor allem mit gesellschaftspolitischen Anliegen wie Bildung, Arbeit und Lehrer*innenbildung beschäftigte.
    Erich Ribolits war einer der wenigen österreichischen Erziehungswissenschafter, die die zunehmende Ökonomisierung der Bildungslandschaft und, gleichsam als Kehrseite der Medaille, die um sich greifende „Pädagogisierung“ der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse von Anfang an kritisiert haben. Im schulheft analysierte er ab 1988 diese Entwicklungen. Schon sein erster Text trug dabei den treffsicheren Titel: „Von der Kunst aus denkenden Menschen Maschinen zu machen“. Er blickte nicht nur auf das Augenscheinliche, sondern auch darauf, was im Diskurs zu wenig beleuchtet wurde. So war eines seiner letzten Projekte dem Thema „Lust“ in der Pädagogik gewidmet. Statt dem neoliberalen Konsens der Motivation zu huldigen, widmete er sich der weitaus humaneren Frage der Lust. Statt Bildung als Lösung für alles zu propagieren, hinterfragte er diesen Common Sense und beleuchtete die Frage, was Bildung mit einem Menschen alles anrichten kann.
    Erich war nicht nur Bildungstheoretiker. Als Lehrender an der Agrarpädagogischen Hochschule, den Universitäten Wien und Graz und in der Erwachsenenbildung war er bei den Studierenden ausgesprochen beliebt. Die Studierenden haben ihn sehr geschätzt, er hat sie immer zu kritischem Denken „angestiftet“, mit ihnen gerne in allen möglichen Konstellationen diskutiert, unzählige Diplomarbeiten und viele Dissertationen betreut. Er hat das Erweiterungscurriculum „Erwachsenenbildung“ im Rahmen des Diplomstudiums der Bildungswissenschaften entworfen und viele Jahre lang umgesetzt. Vorlesungen und Seminare an mehreren österreichischen Universitäten und zahlreiche Vorträge zu verschiedenen Themen rund um Bildung, Politik, Kritik, Macht, Ökonomisierung der Bildung zeigen von seinem unermüdlichen Einsatz für eine humane Bildung. Er belehrte nicht, sondern hörte zu. Er prüfte nicht ab, sondern forderte zum reflexiven Denken auf.
    Erich war auch in der Erwachsenenbildung wichtiger Motor für kritisches Denken und gegen die Verkommerzialisierung der allgemeinen, nichtökonomischen Erwachsenenbildung. Er war Mitbegründer der Gruppe „Kritische Erwachsenenbildung“ und setzte auch hier wichtige Markierungen, die aus dem eingefahrenen Weg der Kommodifizierung hinausführen sollten.
    Erich war zeitlebens ein politischer Aktivist, der nicht nur Kritik predigte, sondern sie auch lebte. 2009, bei den „unibrennt“ Protesten, als man sich Gedanken darüber machte, wie man die Proteste beenden könnte, überraschte er die Protestierenden mit einem „Wieso eigentlich beenden?“.
    Trotz aller kritischen Sicht auf die gesellschaftlichen Prozesse, blieb er ein Verfechter eines guten Lebens und einer besseren Gesellschaft. Das ist nicht selbstverständlich und kann ihm nicht hoch genug angerechnet werden. Er hat seine privilegierte Stelle als Universitätsprofessor in der Gesellschaft stets dazu genutzt, sich zu engagieren und sich für andere einzusetzen.
    Doch er war nicht immer in einer solch privilegierten Position. In Wien geboren, begann er eine Ausbildung als Elektrotechniker, machte im zweiten Bildungsweg die pädagogische Ausbildung und arbeitete auch lange als Berufsschullehrer. Seine Dissertation verfasste er 1984 an der Universität Wien mit dem Titel „Der Unterschied zwischen Wissen und Weisheit: Überlegungen aus Anlaß des derzeit üblichen Bildungsverständnisses“. Da schimmerte schon viel durch, was in seiner späteren theoretischen Arbeit für ihn wichtig sein sollte.
     Vor zwei Jahren wurde bei Erich Krebs diagnostiziert. Er hat lang gegen die Krankheit angekämpft, hat seinen Humor und seine Lebensfreude nicht verloren. Ganz im Gegenteil, er hat stets betont, wie wichtig es ist, jeden Tag zu genießen. In Vorträgen hat er oft den Satz gesagt: „Wer kennt jemanden, der am Totenbett, am Ende, bereut hat, zu wenig gearbeitet zu haben? Viel wichtiger ist es doch, gut zu leben!“ Erich hat einen persönlichen Kampf verloren, das macht uns traurig. Und doch sollten wir von seiner Energie, seinem Humor und seiner Stärke lernen und, wie es am Grabstein von Herbert Marcuse heißt: „weitermachen!“

(Auf der Homepage schulheft.at haben wir die schulhefte aufgelistet, bei denen Erich redaktionell mitgearbeitet hat, und die Liste seiner Buchpublikationen. Dort sind auch facebook-Einträge von ehemaligen Studierenden, anlässlich seines Todes, dokumentiert.)

Inhalt

Editorial

Grundlagen der Sexualpädagogik

Soner Uygun
Von der repressiven Sexualerziehung zur emanzipatorischen sexuellen Bildung

Nadine Scholz-Naujoks
Sexualerziehung als zentraler Aspekt der allgemeinen Gesundheitsförderung am Beispiel der „Menstruation“

Klemens Ketelhut/Ellen Sartingen/Johanna Weselek
Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt
Eine heteronormativitätskritische Analyse des Umgangs mit Bildung für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in Schulen

Stephan Hloch
Grundsatzerlass und Co – Status Quo sexualpädagogischer Arbeit in Schulen

Sexualpädagogik unter Druck

Judith Klemenc
„… Nur weil ich ihn treffe, heißt das noch lange nicht, dass er mein Freund ist.“

Paul M. Horntrich
Aufklärung, Verklärung oder Schweigen? Entwicklungslinien römisch-katholischer Sexualpädagogik in Österreich und Deutschland im 20. Jahrhundert

Ewa Ernst-Dziedzic, Paul Haller
Angriffe auf Sexualpädagogik in Polen als Schauplatz anti-feministischer und nationalistischer Politik

Anne Stöckelmaier, Julia Hack, Daniela Giacomuzzi
Lückenfüller Ehrenamtlichkeit?
Potenziale und Herausforderungen der Ehrenamtlichkeit anhand des Peer-Projekts achtung°liebe

Kritische Reflexionen & Interventionen

Cindy Ballaschk, Lisa Pfahl
Wissensproduktionen zum ‚Jungfernhäutchen‘ in sexualpädagogischen Materialien

Felix Michl
Sexuelle Vielfalt in sexualpädagogischen Materialien für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung

Jann Schweitzer
Anerkennung als Bedingung sexueller Bildung
Missachtungserfahrungen in schulischer Sexualerziehung aus Schüler*innenperspektive

Katharina Debus
BDSM und Sexualpädagogik

Maria Dalhoff
Konsens beleben
Über die Bedeutung von Politiken sexueller Einvernehmlichkeit und das Potential konsensueller Entscheidungsfindung für sexuelle Bildung

Anna Hartmann
Das Sexuelle der sexuellen Bildung

Erratum zu schulheft 181

Autor*innen dieser Ausgabe

Editorial

Die Frage, was in der Schule wie unterrichtet wird, ist immer auch Ausdruck von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen und Machtverhältnissen. In kaum einem Bereich zeigt sich das so offensichtlich wie beim Thema Sexualität. Gegen den Widerstand konservativer politischer Kräfte wurde in Österreich erstmals 1970 ein Erlass für die umfassende und fächerübergreifende Thematisierung von Sexualität herausgegeben. Aber auch ein halbes Jahrhundert später erregt das Thema die Gemüter, wie die wiederkehrenden politisch-medialen Kampagnen gegen Sexualpädagogik zeigen.
    Offensichtlich werden im Ringen um die Thematisierung von Sexualität in Schulen unterschiedliche virulente Fragen ausgehandelt. Etwa die grundsätzliche Frage, was eigentlich unter Sexualität verstanden werden kann und welche Normvorstellungen dabei vorherrschen. Sowie die Frage, ob Bildungseinrichtungen ein Ort der kritischen Auseinandersetzung mit intimen Themen sein können oder ob dies lediglich in der Sphäre des Privaten passieren soll. Und schließlich wird auch um unterschiedliche Sichtweisen auf das Verhältnis zwischen Sexualität und jüngeren Generationen gerungen: Sollen Kinder und Jugendliche vor Sexualität beschützt oder in ihrer sexuellen Entwicklung begleitet werden?
    Zugänge und Methoden der Sexualpädagogik haben sich dabei in den letzten Jahrzehnten verändert und vervielfältigt. Neben einzelnen ambitionierten Projekten stellte sich das Gros des „Aufklärungsunterrichts“ der 1970er und 80er Jahre als reine Wissensvermittlung biologischer Fakten dar, das damit an zentralen Interessen von Jugendlichen vorbei ging. In den 1980er und 90er Jahren rückte der Präventionsgedanke mit Themen wie HIV/Aids oder sexueller Gewalt in den Fokus der Sexualpädagogik. Während durch die Sexualpädagogik damit wichtige Fragen pädagogisch bearbeitbar wurden, blieben andere Thematiken, die nicht in den Gefahrenfokus fielen, unterbelichtet. Diese Erfahrungen reflektierend, versuchen aktuelle Zugänge der Sexualpädagogik einen holistischen und differenzierten Blick auf Sexualität zu vermitteln, der Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung einer selbstbestimmten Sexualität begleitet. Diese Pädagogik möchte lebensweltnahe sein, um jene Kompetenzen zu vermitteln, die für ein Navigieren durch das widersprüchliche Feld der Sexualität benötigt werden. Und sie möchte gesellschaftliche Normierungen von Sexualität nicht reproduzieren, sondern von der Normalität der Vielfalt der Lebens- und Liebensweisen ausgehen. Die Auseinandersetzungen rund um Sexualpädagogik sind damit jedoch nicht an ihrem Ende angelangt. Aktuelle Debatten loten aus, welche relevanten Themen heute ausgeklammert werden und in welche Richtung sich die Sexualpädagogik weiterentwickeln soll.
    An dieser Auseinandersetzung möchte sich auch die schulheft-Doppelnummer „Sexualität und Pädagogik“ beteiligen. Während Band zwei auf Fragen der Umsetzung von Sexualpädagogik fokussiert, stehen im vorliegenden ersten Band konzeptuelle Fragen im Zentrum. Die Texte, die hier versammelt sind, präsentieren Zugänge und Begrifflichkeiten aktueller Sexualpädagogik, stellen dar, wie umkämpft der Kontext oft ist, in dem Sexualpädagogik stattfindet und weisen kritisch auf notwendige Umdenkprozesse und Weiterentwicklungen in der Sexualpädagogik hin.
    Den Beginn machen Texte, die grundlegende Konzepte und Rahmenbedingungen aktueller Sexualpädagogik darstellen. Soner Uygun bespricht in einem historischen Abriss die Entwicklung der Sexualpädagogik seit den 1950er Jahren und zeigt dabei zentrale Entwicklungslinien auf. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen beschreibt er die Eckpunkte einer Sexuellen Bildung, wie sie aktuell breit diskutiert wird.
    Daran anschließend führt Nadine Scholz-Naujoks aus, inwiefern Sexualerziehung als Aspekt der Gesundheitsförderung verstanden werden kann. Welche Rolle dabei die Frage sexueller Gesundheit spielt, wird in dem Artikel nicht nur abstrakt dargestellt, sondern auch am Beispiel der Vermittlung eines positiven Zugangs zur Menstruation verdeutlicht.
    Klemens Ketelhut, Ellen Sartingen und Johanna Weselek erweitern die Perspektive um einen heteronormativitätskritischen Blick. Im Zentrum steht dabei die Kritik an sexuellen Normen, die Heterosexualität aufwertet, während sie alle anderen Sexualitäten als Abweichung markiert und abwertet. Auf Basis von Interviews mit Lehrer*innen wird dargestellt, welche Herausforderungen sich im schulischen Alltag mit sexueller Vielfalt ergeben und welche pädagogischen Antworten darauf gefunden werden können.
    Stephan Hloch stellt in seinem Text die Rahmenbedingungen für sexualpädagogische Arbeit an Schulen in Österreich dar. Im Kontext der oft hitzigen politischen Debatten wurde einiges an Unsicherheit rund um die tatsächlichen Möglichkeiten und Grenzen schulischer Sexualpädagogik erzeugt, die in dem Artikel beseitigt werden.
    Sexualpädagogische Arbeit stößt auf unterschiedlichste Widerstände. Der zweite Teil des Heftes versammelt Texte, die aufzeigen, inwiefern Sexualpädagogik in verschiedenen Kontexten „unter Druck“ gerät und was dem entgegengesetzt wird.
    Judith Klemenc berichtet in ihrem Text von Erfahrungen, die sie als Lehrerin mit der Thematisierung von Sexualität im Unterricht gemacht hat. Der Text zeigt dabei nicht nur die spannenden Möglichkeiten, die ein offenes Sprechen über Sexualität in der Schule eröffnen, sondern auch die harschen Konsequenzen, die Lehrer*innen dafür mitunter tragen müssen.
    Die Katholische Kirche gehört zu den größten Gegnern einer modernen Sexualpädagogik. Dennoch wäre es falsch zu glauben, die
Kirche versperre sich jeglicher Auseinandersetzung mit der Thematik. Wie Paul M. Horntrich in seiner Analyse darlegt, ringt die Kirche seit Jahrzehnten mit ihrem Verhältnis zur pädagogischen Thematisierung von Sexualität. Trotz großer Entwicklungsschritte verstrickt sich die Kirche dabei immer wieder in ihrer widersprüchlichen Haltung zu Sexualität im Allgemeinen.
    Mit dem Text von Ewa Ernst-Dziedzic und Paul Haller wird der Blick über die Grenzen nach Polen geworfen. Dort haben sich rechte Parteien seit einigen Jahren dem Kampf gegen die „Gender-Ideologie“ verschrieben. In diesem Zusammenhang wurden Frauen- und LGBTIQ-Rechte schrittweise beschnitten. Die Sexualpädagogik kam ebenfalls ins Kreuzfeuer rechter Politik, die bestrebt ist, sexuelle Bildung in der Schule unter Strafe zu stellen.
    Anne Stöckelmaier, Julia Hack und Daniela Giacomuzzi stellen in ihrem Beitrag die Arbeit des österreichischen Projekts achtung°liebe vor. Anders als andere sexualpädagogischen Angebote wird es ehrenamtlich von jungen Erwachsenen durchgeführt und folgt einem Peer Education Ansatz. Der Artikel zeigt einerseits auf, welches Potential dieser Zugang hat. Andererseits diskutiert er, inwiefern das Peer-Konzept durch aktuelle Regulierungs- und Professionalisierungsprozesse in Österreich unter Druck gerät.
    Der dritte Teil verdeutlicht, dass Weiterentwicklung auch selbstkritisches Hinterfragen der eigenen Praxis benötigt. Hier finden sich Texte, die auf Probleme und Verkürzungen aktueller sexualpädagogischer Praxis hinweisen und Anregungen für neue Wege geben.
    Die beiden ersten Texte analysieren problematische Aspekte in sexualpädagogischen Materialien. Cindy Ballaschk und Lisa Pfahl fokussieren in ihrem Beitrag auf die Thematisierung des sogenannten „Jungfernhäutchens“ in oft verwendeten Materialien und Online-Angeboten. Sie zeigen auf, dass selbst in sexualpädagogischen Materialien mitunter sexuelle Mythen reproduziert und dadurch Geschlechterstereotypen verstärkt werden.
    Felix Michl fragt in seinem Text, inwiefern Aspekte sexueller Vielfalt in Materialien für die sexualpädagogische Arbeit mit Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden. Er zeigt auf, welche impliziten Normen in den Materialien transportiert werden und verweist auf die Notwendigkeit, die sexualpädagogische Arbeit mit Menschen mit Behinderungen in mehrerlei Hinsicht vielfältiger zu gestalten.
    Jann Schweitzer wechselt die Perspektive und befragt Jugendliche über deren Erfahrungen mit schulischer Sexualpädagogik. In den Berichten der Schüler*innen dokumentiert sich insbesondere eine fehlende Anerkennung nicht-heterosexueller Begehrensweisen. So eine Sexualpädagogik, dies zeigt der Text, bietet Schüler*innen, die jenseits der Heteronorm leben und lieben, keine relevanten Inhalte und verwehrt ihnen Bildungsprozesse.
    Katharina Debus bespricht in ihrem Beitrag ein Thema, mit dem viele Pädagog*innen Berührungsängste haben: BDSM. Wie die Autorin jedoch argumentiert, gibt es viele gute Gründe dafür, das sexuelle Spiel mit Dominanz und Unterwerfung pädagogisch in den Blick zu nehmen. Einerseits, weil dadurch Jugendliche erreicht werden können, die Interesse an entsprechenden Praktiken haben. Andererseits, weil in BDSM-Kontexten differenziertes Wissen über sexuelle Einvernehmlichkeit erzeugt wurde, von dem alle lernen können.
    Das Thema Consent steht auch im Zentrum des Beitrags von Maria Dalhoff. Sie konstatiert einerseits eine nur mangelhafte sexualpädagogische Beschäftigung mit Fragen von sexuellem Konsens. Andererseits weist sie auf Fallstricke mancher Einvernehmlichkeits-Konzepte, wenn diesen ein paternalistisches Vertragsdenken zugrunde liegt. Dementgegen werden Möglichkeiten diskutiert, wie in der Sexualpädagogik ein komplexes und machtsensibles Verständnis von Consent vermittelt werden kann.
    Der Beitrag von Anna Hartmann schließt das Heft aus psychoanalytischer Perspektive. Aus dieser Perspektive kritisiert Hartmann, dass aktuelle Zugänge der Sexuellen Bildung vielfach auf einem zu undifferenzierten Verständnis von Sexualität und Subjektivität aufbauen. Im Text wird ein anderer Blick entwickelt, demzufolge Sexualität als Strukturprinzip des Subjekts verstanden wird. Insofern, als Subjektivität laut den herangezogenen psychoanalytischen Theorien stets in sich brüchig und gespalten ist, ist es auch Sexualität. Ein so anderer Blick auf Sexualität hat Konsequenzen für sexualpädagogische Arbeit, wie die Autorin ausführt.

Viktoria Laimbauer, Paul Scheibelhofer

In den einzelnen Beiträgen werden unterschiedliche Gender-Schreibweisen verwendet. Die Redaktion hat dies den Autor*innen freigestellt.

Autor*innen dieser Ausgabe

Redaktion
Viktoria Laimbauer
Paul Scheibelhofer

Cindy Ballaschk hat Soziologie (B.A.) und Gender Studies (M.A.) studiert. Sie promoviert in den Gender Studies an der Humboldt Universität zu Berlin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Potsdam.

Maria Dalhoff ist traumaspezifische Fachberaterin, Traumapädagogin, Erwachsenenbildnerin und Sexualpädagogin. Seit 2011 ist sie bei der Wiener Fachstelle Selbstlaut – gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen tätig. Ihre aktuellen Interessensschwerpunkte sind machttheoretische Einbettungen sexueller Zustimmungskonzepte sowie organisierte sexualisierte rituelle Gewalt. Kontakt: office@selbstlaut.org | www.selbstlaut.org

Ewa Ernst-Dziedzic ist Politologin, Nationalratsabgeordnete im Grünen Klub. Sie ist Sprecherin für Außenpolitik, Migration, Menschenrechte und LGBTI des Grünen Parlamentsklubs.

Katharina Debus, Politologin und Sexualpädagogin (ISP), seit 2001 u. a. in der sexualpädagogischen Jugendbildung, tätig seit 2009 freiberuflich und für Dissens – Institut für Bildung und Forschung (Berlin) in der Fachkräftebildung zu geschlechterreflektierter Pädagogik und Diskriminierung tätig.

Daniela Giacomuzzi (geboren 1995) ist Medizinstudierende im 4. Jahr und hat im Laufe des Studiums ihre Freude an der Sexualpädagogik entdeckt. Seit einem Jahr ist sie in den nationalen Strukturen von achtung°liebe involviert.

Julia Hack studiert Bildungswissenschaften (B.A.) an der Universität Wien und ist im Rahmen von achtung°liebe als Jugendsexualberaterin aktiv.

Paul Haller ist LGBTI-Referent des Grünen Klubs im Parlament, Sozialarbeiter, Sexualpädagoge und Fachkraft für Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen.

Anna Hartmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Allgemeine Erziehungswissenschaft/Theorie der Bildung an der Bergischen Universität Wuppertal. Arbeitsschwerpunkte: Frauen- und Geschlechterforschung, Psychoanalyse, Care-Ökonomie, sexuelle Bildung für Schule und Lehrberuf

Stephan Hloch ist Psychologe und Sexualpädagoge, derzeitige Tätigkeit: Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (First Love). Seit 2003 in der sexuellen Bildung tätig.

Paul M. Horntrich ist Universitätsassistent am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Geschichte der Sexualitäten im deutschsprachigen Raum. Laufendes Forschungsprojekt: „Pornographie in Österreich. Politische Debatten und mediale Diskussionen während der langen Sexuellen Revolution, 1950er bis frühe 1980er Jahre“.

Klemens Ketelhut, Soziologe, Pädagoge; Geschäftsführer Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung, Pädagogische Hochschule Heidelberg

Judith Klemenc ist purzelbäumende feministische Künstlerin und Theoretikerin, Brotberuf: AHS-Lehrerin im Fach Bildnerische Erziehung. Forschungsschwerpunkte: kritische Geschlechterforschung, Migration und Bildung. www.judithklemenc.at

Viktoria Laimbauer studierte Lehramt und Soziologie in Wien und Hamburg mit den Schwerpunkten Feministische und Postkoloniale Theorien und Familiensoziologie. Sie unterrichtet an einer Volksschule in Wien.

Felix Michl studierte Sonderpädagogik auf Lehramt an der Universität Leipzig und arbeitet dort seit April 2019 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Pädagogik im Förderschwerpunkt körperlich-motorische Entwicklung. Seine Arbeitsschwerpunkte in Forschung und Lehre sind u. a. in den Bereichen Sexualität und Behinderung (insb. Fragen zu sexueller bzw. geschlechtlicher Vielfalt) verortet.

Lisa Pfahl hat Soziologie, Philosophie und Politik an der Freien Universität Berlin studiert und dort zu „Techniken der Behinderungen“ (2011) promoviert. Sie ist Univ.-Professorin für Disability Studies und Inklusive Bildung an der Universität Innsbruck.

Ellen Sartingen ist Studentin im Master of Education an der Universität Heidelberg. Fellow an der Heidelberg School of Education zum Thema Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt.

Paul Scheibelhofer ist Assistenzprofessor für Kritische Geschlechterforschung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Innsbruck. Er beschäftigt sich in Forschung und Lehre mit Kritischer Sexualwissenschaft, emanzipatorischer Sexualpädagogik, Männlichkeitsforschung und Migrationsforschung.

Nadine Scholz-Naujoks hat Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Interkulturelle Beziehungen studiert; mehrere längere Arbeitsaufenthalte im Ausland, u. a. Schottland und Indien. Ausbildung zur Trainerin für Social Justice und Diversity. Mitarbeiterin in einer Kanzlei zum Themengebiet Gleichstellungsrecht und AGG, Co-Autorin eines monatlich erscheinenden Newsletter zu gleichstellungsrelevanten Themen und Mutter einer Tochter.

Jann Schweitzer, Erziehungswissenschafter, Promotionsstipendiat der Hans-Böckler-Stiftung am Institut für Erziehungswissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Berater bei der AIDS-Hilfe Frankfurt e. V. und seit 2019 stellvertretender Vorsitzender des pro familia Bundesverbandes.

Anne Stöckelmaier (geboren 1993) hat Europäische Ethnologie/Empirische Kulturwissenschaft in München und Wien studiert. Derzeit ist sie Studentin der Bildungswissenschaft mit Schwerpunkt Medienpädagogik an der Universität Wien. Während ihrer Studien war sie drei Jahre als Jugendsexualpädagogin bei achtung°liebe tätig.

Soner Uygun ist seit 2016 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich für Erziehungswissenschaften an der Universität Bremen/Deutschland im Arbeitsbereich Elementar- und Grundschulpädagogik tätig. Im Rahmen seines Dissertationsvorhabens forscht er zur sexuellen Bildung von Jungen/Burschen in der Grundschule.

Johanna Weselek promoviert in Soziologie zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung. Forschungsschwerpunkte: Bildungsungleichheit, Nachhaltigkeit, Globales Lernen.

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Studienverlag: Schulheft 182

Aus Geschichte/n lernen

Funktionen von Geschichtspolitiken

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Klappentext

Wissenschaftliche, literarische und journalistische Beiträge diskutieren und kritisieren in diesem schulheft dominante Geschichtspolitiken. Es werden Geschichten vorgestellt, die für solidarische Veränderungen früherer und gegenwärtiger desaströser Zustände stehen.

Inhalt

Editorial

Elke Renner, Peter Malina
Eine Vergangenheit, die uns angeht
Die Schul-Hefte als Geschichts-Hefte

Manuel Rühle
Die Austreibung der Geschichte aus dem pädagogischen Denken
Beobachtungen zu einer gesamtgesellschaftlichen Tendenz und ihren Folgen für die Erziehungswissenschaft

Armin Bernhard
Geschichtspolitik und Erinnerungskultur
Über die Umdeutung von Geschichte als Strategie der Gewinnung kultureller Hegemonie

Matthias Rießland
„Fragen stellen“?! – Ein Experiment

Armin Bernhard
Otto Felix Kanitz: Zur unhintergehbaren Bedeutung seiner Erziehungskritik und seines sozialistischen Erziehungsmodells

Eva Kalny
Geschichtspolitiken: Selektives Erinnern und Vergessen als ideologische Basis für Kulturalisierung und Rassismus

Elisabeth Holzleithner
Anmerkungen zum „Kopftuchstreit“

Birgit Michlmayr
Rassismuskritische Geschichtsvermittlung in Wiener Regelschulen.
Strukturelle Voraussetzungen und aktuelle Strategien

Elena Messner
Die „Causa HGM“
Zur Reformdebatte rund um das Heeresgeschichtliche Museum Wien (2019–2020)

Margit Niederhuber
Die Dohnal

Elisabeth Wittenberg über die letzten Stunden Josef Gerls
Dem Vergessen entrissen

Karl Wimmler
Die Tombola
Geschichte und Geschichten

Buchempfehlungen

Karl Wimmler
Menschen, Bücher, Katastrophen
Erzählungen, Anmerkungen, Einsprüche

Statt einer Buchbesprechung:
Auszüge aus Erich Hackls „Im Leben mehr Glück. Reden und Schriften“

Michael Wengraf
Institutionalisierung der Vernunft
Zur Genese der Europäischen Universitäten

Michael Wengraf
Die rechte Revolution
Veränderte ein Masterplan die Welt?

Abschied von Horst Adam

Autor*innenverzeichnis

Editorial

Das Interesse dieses Heftes gilt Fragen an die Geschichte und an die Geschichtsschreibung, um aus verschiedenen Perspektiven dominante geschichtspolitische Erzählungen zu analysieren. Die Historizität von gesellschaftlichen Strukturen, von Konzepten, Denkweisen und Anschauungen, aber auch von Geschichtsbildern zu betonen soll auch Grundlage dafür sein, solidarische und emanzipatorische Veränderungen denken zu können.
    Die vorgestellten wissenschaftlichen, journalistischen und literarischen Beiträge eröffnen ein weites Feld kritischer Beschäftigung mit Geschichte/n, die Verstrickungen in neoliberale Ideologien offenlegen und nach auf Respekt und Solidarität basierenden Herangehensweisen fragen.
    Rückblickend auf 40 Jahre der schulheft-Reihe gehen Elke Renner und Peter Malina im Eingangstext Fragen nach Geschichte und Politik in Bildungsbereichen nach. Als thematische Schwerpunkte der Auseinandersetzung mit Vergangenheiten waren hier zwei Themenstränge anhaltend bedeutsam: die Beschäftigung mit Faschismus und Rechtsextremismus und Fragen der Friedensgeschichte und -pädagogik.
    Manuel Rühle ortet in der sozialtechnologischen Bildungsforschung eine der neoliberalen Ideologie immanente Ausblendung der historisch-gesellschaftlichen Dimension von Erkenntnis. Er verweist daher auf das widerständige Moment einer Betonung des historisch-gesellschaftlichen Charakters der Pädagogik.
    Armin Bernhard rät in seinem Beitrag, die vielfältigen Möglichkeiten der Nutzung von Geschichte ideologiekritisch aus ihrem aktuellen Interessenskomplex heraus zu erklären, um Funktionen geschichtspolitischer Strategien sichtbar zu machen. Beispielhaft behandelt er deutsche Geschichtspolitiken nach 1945 und Instrumentalisierungen der Geschichte in Regierungspolitiken.
    Matthias Rießland stellt in seinem experimentellen Text Fragen an Geschichte, Geschichtsschreibung und Wissenschaft. Die Fragen sollen Raum zum (Nach- und Selbst-)Denken schaffen, wozu auch die formale Gestaltung des Beitrags einlädt.
    Eine Besonderheit für dieses schulheft bescherte uns Armin Bernhard mit einem ausführlichen Artikel über den sozialistischen Pädagogen Otto Felix Kanitz (geboren 1894 in Wien, ermordet 1940 im KZ Buchenwald). Bernhard konfrontiert gegenwärtige pädagogische Ansätze mit Forderungen von Kanitz und stellt fest, dass die sozialistische Pädagogik der 1920er und 1930er Jahre über heutige Konzeptionen der Kritischen Pädagogik weit hinausgeht.
    Eva Kalny untersucht vergessene Geschichten aktueller rassistischer Zuschreibungen und Stereotype im Kontext von Kolonialismus. In ihrem Text spannt sie einen Bogen von der Konstruktion von SARS-CoV-2 als „chinesischer Virus“ hin zu aktuellen Übergriffen auf als muslimisch gelesene Menschen. Sie zeigt wie Rassisierungen zugrunde liegende Vorstellungen unter dem Begriff der Kultur heute wieder auftreten.
    Elisabeth Holzleithner thematisiert in ihren Anmerkungen zum „Kopftuchstreit“ aktuelle feministische Kontroversen ebenso wie die Instrumentalisierung mancher Positionen durch „konservative und ethno-nationalistische“ Politiker*innen. Sie stellt die Frage
nach der Sinnhaftigkeit von Verboten religiös motivierter Bekleidung und auch danach, wem die hierzulande geführten Debatten und durchgesetzten Regelungen letztlich nützen. Anstelle einer Symbolpolitik, die Frauenfeindlichkeit und Gewalt den ‚Anderen‘ zuschreibt, sieht sie ein umfassendes Antidiskriminierungsrecht angesagt.
    Birgit Michlmayr stellt die Frage, wie ein rassismuskritischer Geschichtsunterricht in der Praxis aussehen kann. Sie diskutiert sowohl methodische Zugänge wie auch (in Schulbüchern) vermittelte Inhalte und kritisiert, dass interkulturelle Ansätze Differenzen zementieren, statt strukturellen Ungleichheiten entgegenzuwirken.
    Elena Messner stellt ein besonderes Objekt, einen Hort überkommener Herrschaftsstrukturen und Geschichtsbilder inklusive rechtsextremer Einbindungen vor: das Heeresgeschichtliche Museum (HGM). Sie dokumentiert, wie schwierig es sich für engagierte, fortschrittliche Kräfte gestaltet, verantwortliche Menschen und Institutionen zu politischen Entscheidungen für Veränderungen in dieser Causa zu bewegen.
    Margit Niederhuber entzündet die Erinnerung an Johanna Dohnal. In ihrem sehr persönlichen Text verweben sich historische frauenpolitische Stationen mit der Biographie Dohnals und mit der Geschichte einer Freundinnenschaft.
    Ein erschütterndes Dokument austrofaschistischer Gewalt fand Willi Weinert in dem literarisch-journalistischen Interview Ernst Fabris mit Elisabeth Wittenberg, Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend und Gefährtin Josef Gerls.
    Literarische Zugänge verbinden die drei letzten Beiträge:
    Karl Wimmler beschreibt in der Erzählung „Die Tombola“ eine Silvesterspiel-Gepflogenheit seiner Familie und entdeckt dabei die Zugehörigkeiten der Männer aus drei Generationen zu den soldatischen Kriegsverherrlichungs-Verbänden von der Monarchie bis zum Österreichischen  Kameradschaftsbund – eine entlarvende zeithistorische Spurensuche.
    Der Schriftsteller Erich Hackl rezensiert Karl Wimmlers Buch „Menschen, Bücher, Katastrophen – Erzählungen, Anmerkungen, Einsprüche“ (2019) und unterstreicht Wimmlers Stärke, „Lebensgeschichten präzise, unaufgeregt und anschaulich zur Sprache und auf den Punkt zu bringen“.
    Statt einer Besprechung von Erich Hackls „Im Leben mehr Glück – Reden und Schriften“ (2019) stellt Elke Renner Auszüge aus verschiedenen Texten des Buchs zusammen. Es entsteht ein Mosaik aus Geschichtsfragmenten, das zugleich Beunruhigung angesichts der Zustände und Zuversicht angesichts der Möglichkeiten solidarischen
und widerständigen Handelns hervorruft.
    Rezensionen zweier Publikationen des Wissenschaftshistorikers Michael Wengraf „Institutionalisierung der Vernunft. Zur Genese der europäischen Universitäten“ (2019) und „Die rechte Revolution. Veränderte ein Masterplan die Welt?“ (2020) runden diese Ausgabe des schulhefts ab.

Autor*innenverzeichnis

Redaktion
Birgit Michlmayer
Elke Renner
Michael Rittberger
Renée Winter

Armin Bernhard, Professor für Allgemeine Pädagogik an der Universität Duisburg-Essen. Arbeitsschwerpunkte: Kritische Erziehungs- und Bildungstheorie, Pädagogik und globale Probleme, praxisphilosophische Pädagogik.

Erich Hackl, Schriftsteller, Wien und Madrid.

Elisabeth Holzleithner, Universitätsprofessorin für Rechtsphilosophie und Legal Gender Studies, Sprecherin der interdisziplinären
Forschungsplattform GAIN – Gender Ambivalent In_Visibilities, Universität Wien. Forschungsschwerpunkte: Rechtsphilosophie, Politische Philosophie, Legal Gender & Queer Studies, Recht, Literatur & Populärkultur.

Eva Kalny, Professorin an der Fakultät für Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege der Hochschule Esslingen.

Dieter Kraft, Theologe, bis 1992 Dozent an der Humboldt-Universität zu Berlin, 10 Jahre Redaktion der Zeitschrift TOPOS. Regelmäßige Publikationen in den „Weißenseer Blättern“.

Peter Malina, Historiker, Wien.

Elena Messner, Kulturwissenschaftlerin und Schriftstellerin. In ihrem Debütroman „Das lange Echo“ thematisierte sie u.a. das Geschichtsverständnis des HGM.

Birgit Michlmayr studierte Geschichte und Französisch in Wien und Paris, ist derzeit Musikerin, Labelbetreiberin und Lehramtsstudentin.

Margit Niederhuber, Romanistin und Germanistin, Kuratorin und Dramaturgin mit Schwerpunkt außereuropäische Forschung und Kunst, Beraterin für Frauen- und Kulturprojekte im südlichen Afrika, Aufbau eines Frauenradioprogrammes in Moçambique, Theaterarbeit mit afrikanischen Autorinnen.

Elke Renner war AHS-Lehrerin und Lehrbeauftragte für Fachdidaktik der Zeit-und Sozialgeschichte und für Politische Bildung.

Matthias Rießland, Sport- und Erziehungswissenschaftler, lizensierter Feldenkrais-Pädagoge, Lehrbeauftragter an der TU Darmstadt.

Manuel Rühle, Leiter für allgemeine Erwachsenenbildung beim DGB Bildungswerk Bayern.

Karl Wimmler, Freier Autor und Mitarbeiter im CLIO, Graz.

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Studienverlag: Schulheft 181

 

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