Bildung und Emanzipation
Im vorliegenden schulheft gehen Autorinnen und Autoren aus verschiedenen pädagogischen Handlungsfeldern Fragen nach Möglichkeiten und Grenzen organisierter Bildungsprozesse beim Fördern von Emanzipationsprozessen nach. Inwieweit lassen sich emanzipatorische Ansprüche in einem Bildungssystem, das Integration in die gegebenen Strukturen der Gesellschaft verspricht und versprechen muss, überhaupt verwirklichen? Vorwort Reflexion Perspektiven nach dem Ende ihres selbstverständlichen Zusammenhangs Erich Ribolits Kurt Finger Konkretisierung Astrid Messerschmidt Heidi Schrodt Eveline Christof Horst Siebert Ingolf Erler AutorInnen Eveline Christof und Erich Ribolits Vorwort Der Begriff Emanzipation – im Sinne von Aufklärung und gesellschaftskritischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts als Selbstbefreiung interpretiert – rückte in den 1960er Jahren für einige Zeit ins Zentrum bildungstheoretischer Überlegungen und bildungspraktischer Bemühungen. In durchaus nennenswerten Zwischenzeitlich ist der Begriff Emanzipation in Bildungstheorie und -praxis wieder weit in den Hintergrund gerückt. Auch das Hinterfragen, inwieweit nicht gerade über die Formen, wie pädagogische Prozesse organisiert sind, wie die Strukturen, innerhalb derer sie stattfinden (müssen), gesellschaftliche Machtverhältnisse Das vorliegende schulheft soll einen Beitrag leisten, um die angedeutete Leerstelle ein wenig zu füllen. In der Ausgabe wurden Texte versammelt, die das Thema „Emanzipation“ zwar aus unterschiedlichen Zugängen ausleuchten, beim Fördern der jeweiligen Emanzipationsprozesse den Fokus aber immer auf die Möglichkeiten und Grenzen organisierter Bildungsprozesse legen. Letztendlich sind alle Texte an der Metafrage ausgerichtet, Redaktion Eveline Christof, Erich Ribolits AutorInnen Carsten Bünger, Mag. Dr., Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dortmund, Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft und Berufspädagogik, Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Kritische Bildungstheorie, poststrukturalistische Subjektphilosophie, politische Dimensionen pädagogischer Theoriebildung Eveline Christof, Ass.-Prof. Mag. Dr., Assistenzprofessorin an der Universität Innsbruck, School of Education, Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung, Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Empirische Bildungsforschung, Lehr-, Lernforschung, Schulpädagogik Ingolf Erler, Mag., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichischen Institut für Erwachsenenbildung Kurt Finger, Mag. Dr., bis 2007 an der Universität Wien am Institut für Bildungswissenschaft tätig, Lehrender in Erwachsenenbildungs- und Weiterbildungslehrgängen Sabine Gerhartz, MMag. BA, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Innsbruck, School of Education, Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung, Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Gleichheit bzw. Ungleichheit im Bildungssystem, Early School Leaving, Bildungsauf- bzw. Bildungsaussteiger Astrid Messerschmidt, Prof. Dr., Professorin an der pädagogischen Hochschule Karlsruhe, Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Migrationsgesellschaftliche und interkulturelle Bildung, Pädagogischer Umgang mit Verschiedenheit und Diskriminierung, Zeitgeschichtliche Bildung in den Nachwirkungen des Nationalsozialismus, Kritische Bildungstheorie, Geschlechterreflektierende Pädagogik Erich Ribolits, Univ.-Prof. Dr., Emeritierter Professor an der Universität Wien, Institut für Bildungswissenschaft, Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Bildungstheorie, Bildungskritik, Arbeit und Bildung, Bildung und Macht Heidi Schrodt, Mag., langjährige AHS-Direktorin, Mitwirkende am Bildungsvolksbegehren, Vorsitzende der Bildungsinitiative BildungGrenzenlos www.bildunggrenzenlos.at Horst Siebert, Prof. Dr., Professor für Erwachsenenbildung, seit 1977 am Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung der Leibniz-Universität Hannover, 2007 emeritiert, lehrt und arbeitet aber noch aktiv am Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung, Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Bildungstheorie, Didaktik, Konstruktivismus, Umweltbildung, Lehr-Lern-Forschung Studienverlag: Schulheft 152Klappentext
Inhalt
Carsten Bünger
Bildung und Emanzipation?
Das Ende der Emanzipation
Bildung – zwischen läufig und geläufig
Anmerkungen zu einem alltäglichen Begriff
Sabine Gerhartz
Bildungs(un)gleichheit und Emanzipation
Emanzipation durch Bildung?
Zwischen Emanzipation und Steuerung – Bildung in vereinnahmenden
Verhältnissen
Von emanzipatorischer Frauenbildung zur Gleichberechtigung der Geschlechter in der Schule.
Ein sperriger Weg. Ein unfertiges Projekt
Erziehungssystem vs. Emanzipation
Lernen im Gehirn – Neurobiologie aus emanzipatorischer Sicht
Zum 80. Geburtstag von Norbert KutalekVorwort
Teilen der Pädagogik galt er als adäquater Bezugspunkt für die pädagogische Förderung der Befähigung von Menschen, gesellschaftlich bedingte Fremdbestimmung erkennen und Widerstand gegen Unterdrückung entwickeln zu können. Unter dem Titel „emanzipatorische Pädagogik“ entwickelte sich eine wissenschaftstheoretische Ausrichtung mit dem explizit deklarierten Anspruch, Menschen in Bildungsprozessen zum Durchschauen von Herrschaftsstrukturen zu befähigen und bei ihnen gezielt Prozesse der Selbstbestimmung in Gang zu setzen. Dabei wurden ausdrücklich auch die im Rahmen pädagogischer Beziehungen zur Geltung kommenden Machtverhältnisse thematisiert und ihr Abbau erprobt.
verinnerlicht und in ihrem Bestand verfestigt bzw. unangreifbar gemacht werden, gehört heute durchaus nicht
(mehr) zu den zentralen Forschungsfeldern der Bildungswissenschaft. Dies, obwohl die schon seit geraumer Zeit vorliegenden Forschungsergebnisse von Michel Foucault, die eine unauflösliche Verquickung von Macht, Wahrheit und (Selbst)Wahrnehmung von Subjekten postulieren, derartige Fragestellungen im
höchsten Maße provozieren.
wieweit sich der Anspruch, gesellschaftliche Strukturen durchschauen und verändern zu lernen, innerhalb eines
Bildungssystems, das seinen Besuchern die Integration in gegebene gesellschaftliche Bedingungen verspricht und versprechen muss, überhaupt verwirklichen lässt. Diese Frage erscheint insbesondere angesichts des unter Begrifflichkeiten, wie Postmoderne, postindustrielle Gesellschaft, Kontrollgesellschaft und dergleichen derzeit allerorten konstatierten gesellschaftlichen Umbruchs virulent. Im Zuge dieses Umbruchs wird es ja zunehmend
schwieriger, sich an den Verstrickungen von Bildungsbemühungen – worunter durchaus auch solche fallen, die sich emanzipatorisch gerieren – mit dem Tradieren des sich gegenwärtig unter Krisen neu formierenden politisch-ökonomischen Systems vorbeizuschwindeln.AutorInnen
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