Engagement für Frieden
Gegen Krieg, Elend und Ausbeutung
Klappentext
Dieses Friedensschulheft fordert und fördert widerständiges Engagement gegen strukturellen und gewaltorganisierten Unfrieden, zeigt Ursachen und Folgen von Unterdrückung, Krieg und Elend auf. Friedenspädagogik – als der Kritischen Pädagogik immanent aufgefasst – erschließt Möglichkeiten, friedensorientierte Kräfte zu entwickeln.
Inhalt
Abschied von Karl-Heinz Walter
Vorwort
Armin Bernhard
Das System gesellschaftlicher Friedlosigkeit
Ausgangspunkt und Gegenstand einer pädagogischen Friedensarbeit
Eva Borst
Zarte Kinder. Ein Essay über die Einsamkeit des Teflonmenschen
Conrad Schuhler
Krieg, Armut, Umweltkatastrophe –
der globale Kapitalismus
Die Ursachen der Flucht und des Terrors – die Verantwortung des „Westens“
Christoph Butterwegge
Die soziale Entwicklung und der Aufschwung des Rechtspopulismus
Franz Sölkner
Rüstungsatlas Österreich
Raus aus einem schmutzigen Geschäft!
Manfred Sauer
Atomwaffen ächten und verbieten
Nukleare Rüstung: ein Verbrechen an der Menschheit
Cilja Harders, Sarah Clasen
Feministische Friedenskonzepte
Ein Interview mit Winfried Wolf
„Das Engagement für Frieden und gegen
Krieg ist so wichtig wie selten zuvor!“
Jahrzehntelange Antikriegsarbeit – eine Zwischenbilanz.
Buchbesprechungen:
Erika Wittlinger-Strutynski, Franz Ritter (Hrsg.)
Die Welt verändern, ... nicht nur interpretieren
Gesammelte Aufsätze
Jenior Verlag Kassel 2017, 340 Seiten
Thomas Roithner
Sicherheit, Supermacht und Schießgewähr
Krieg und Frieden am Globus, in Europa und Österreich.
148 Seiten, Wien 2018
Märkte, Macht und Muskeln
Die Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik Österreichs
und der Europäischen Union. 132 Seiten, Wien 2017
Schöne Götterfunken?
Sicherheitsinteressen, aktive Friedenspolitik, die internationale Unordnung
und die militärische Entwicklung der EU. 148 Seiten, Wien 2015
Horst Adam (Hrsg.)
Kritische Pädagogik
Fragen – Versuch von Antworten
Band 4. Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2018
AutorInnen
Vorwort
Seit dem Bestehen der schulhefte war Politische Bildung und Friedenserziehung ein immer wiederkehrendes notwendiges Thema.
Eine zusammenfassende Rückschau auf die „Friedensnummern“ in der schulheft-Reihe von den frühen 80er Jahren bis 2015 findet man unter dem Titel „schulheft für den Frieden – was sonst?“ im schulheft 158 „Linke Positionen, gibt’s die noch?“ (Seite 28–34). Leider hat sich an der Thematik seither nichts im positiven Sinn verändert, im Gegenteil – die Situation hat sich weltweit verschlechtert. Es ist notwendiger denn je, sich in der Friedensarbeit zu engagieren. Die Beiträge in dieser Nummer sollen auf verschiedenen Ebenen Informationen und Anregungen liefern.
Mit Armin Bernhard und Eva Borst ist im vorliegenden schulheft die Kritische Pädagogik zu dieser Thematik vertreten. Armin Bernhard sieht im System der gesellschaftlichen Friedlosigkeit Ausgangspunkt und Gegenstand der pädagogischen Friedensarbeit, denn die pädagogische Bekämpfung der gesellschaftlichen Strukturen des Unfriedens, der Widerstand gegen den organisierten Unfrieden, sind Hauptaufgaben der Friedenspädagogik. Dazu bedarf es einer unversöhnlichen Haltung gegen sämtliche Formen von Friedlosigkeit. Kritische Friedenspädagogik muss die geistige Widerstandsfähigkeit gegenüber gesellschaftlichen Manipulationsversuchen im Allgemeinen grundständig aufbauen. Die geistige Loslösung von den Legitimationsfiguren des organisierten Unfriedens ist zugleich ein Akt der Bewährung von Mündigkeit und somit ein genereller Auftrag von Pädagogik. Kritische Selbstreflexion zu entwickeln deckt die geheime Komplizenschaft mit dem System gesellschaftlicher Friedlosigkeit auf. Armin Bernhard nennt die Weltordnung, angelehnt an den Schweizer Soziologen Ziegler, eine kannibalische und liefert dafür wesentliche Beispiele aus allen Bereichen des Unfriedens. Kritische Pädagogik benötigt, so Bernhard, eine Didaktik zur Aufschlüsselung des kapitalistischen Gesellschaftsmodells im Hinblick auf seine friedlosen Strukturen.
Dieses schulheft greift wesentliche Fragen und Antworten aus Bernhards Ausführungen in den weiteren Beiträgen wieder auf.
Ebenfalls auf Basis Kritischer Pädagogik schreibt Eva Borst amüsant, aber durchaus sehr ernst gemeint, unter dem Titel „Zarte Kinder. Ein Essay über die Einsamkeit des ‚Teflonmenschen‘“: Die psychische Konstitution des „Teflonmenschen“ lässt ihn in der Kälte der kapitalistischen Welt möglichst ohne Mitgefühl und Solidarität überleben. Dieser Mensch verfestigt eine autoritäre Gesellschaft, er ist das Ergebnis einer Sozialisation in eine von Friedlosigkeit gekennzeichnete Gesellschaft. Eva Borst vermittelt Einsichten in die menschenverachtende Zurichtung des Menschen im kapitalistischen System und zeigt demgegenüber die Möglichkeit zur Humanität auf, zu Autorität und Freiheit, sie erschließt, basierend auf z.B. Adorno, Arendt, Gruen u.v.m, die Entwicklung von Empathie und der Möglichkeit, gegen erzwungenen Konformismus aufzubegehren, Gehorsam zu verweigern und sich gegen jegliche Form der Inhumanität zu stellen. Dazu müssen Kinder in ihrer frühkindlichen Erziehung Nähe erleben dürfen. Die Frage danach, wie Kinder ihre Zartheit erhalten können, ist zwar pädagogisch motiviert, aber grundsätzlich politisch zu beantworten. Eva Borst schließt den Essay mit einem berührenden Beispiel, es sei an dieser Stelle nicht vorweggenommen.
Die folgenden Beiträge helfen, die politisch bildenden Einsichten in die Friedensthematik zu vertiefen. Conrad Schuhler stellt uns eine Collage aus gekürzten Schwerpunkten der isw-Nummern zu Flucht und Terror zusammen, „Krieg, Armut, Umweltkatastrophe – der globale Kapitalismus: Die Ursachen der Flucht und des Terrors – die Verantwortung des ‚Westens‘“. Er deckt stringent auf, was in der politischen Argumentation großer Medien verborgen bleibt oder deren Lügen zum Opfer fällt und in den herrschenden Bildungsinstitutionen als Information angeboten wird.
Christoph Butterwegge stellt uns zum Thema „Die soziale Entwicklung und der Aufschwung des Rechtspopulismus“ einen kurzen Auszug aus seinen vielen und umfangreichen Forschungsergebnissen und Publikationen der letzten Jahre zur Verfügung und das noch, bevor die österreichischen Prognosen dies überboten. Unser schlüssiges Rezept gegen diese Entwicklung wäre: täglich Butterwegge ins Hauptprogramm.
Franz Sölkner stellt uns das geplante Projekt „Rüstungsatlas Österreich“ vor. Man erfährt etwas über die Geschichte der österreichischen Rüstungsindustrie, über Entwicklungen von Waffengattungen und Rüstungsexporten. Das Atlas-Projekt bedeutet einen großen Arbeitsaufwand in komplizierter Zusammenarbeit friedensengagierter Gruppen. Methodische Probleme, schwierige Recherchezugänge, Geheimhaltungsinteressen und Verschwiegenheiten müssen dabei gemeistert werden. Der Atlas soll Wissen erschließen und weitergeben, das Friedensengagierten gezieltes Agieren, Lernen und Lehren ermöglichen kann.
Manfred Sauers Beitrag „Atomwaffen ächten und verbieten“ behandelt wichtige Stationen in der Entwicklung und Verbreitung von Atomwaffen und beleuchtet die jahrzehntelangen Bemühungen um Rüstungsbegrenzung bzw. vollständige Abschaffung der Atomwaffen. Wenn man meint, das sei doch alles sattsam bekannt, dann lässt man die gegebene Teilnahmslosigkeit und das fehlende Bewusstsein der Menschen über die massive Bedrohung außer Acht.
Die beiden Wissenschafterinnen Cilja Harders und Sarah Clasen vertreten ein mehrdimensionales Verständnis von sozialem Geschlecht als Institution, als Set von Normen und Werten, als Teil des Schichtungssystems und der Arbeitsteilung. Aus feministischer Sicht sind zwei Aspekte bei der Untersuchung von Friedensmöglichkeit zentral, ungleiche Gesellschaftsstrukturen und Gesellschaftskonzeptionen, die Männern und Frauen fundamental unterschiedliches Gewaltverhalten zuschreiben. Weiters geht es um die Ursachen von Gewalt und welche Rolle das Geschlecht dabei spielt, um feministische Friedensentwürfe und um das ganz konkrete Instrument zur Erfassung der geschlechtssensiblen Friedensfähigkeit von Gesellschaften.
Winfried Wolf beschreibt und erklärt im Interview „Das Engagement für Frieden und gegen Krieg ist so wichtig wie selten zuvor“ seine jahrzehntelange Antikriegsarbeit. Ausgehend von der Reflexion der gegenwärtig gefährlichen weltpolitischen Situation, geht er auf die Frage nach seiner Politisierung und seinem Friedensengagement ein. Parallel zur Analyse der jeweiligen zeitgeschichtlichen Vorkommnisse und seiner familiären Bedingtheit entwickelt er seine Positionierung, Schlüsselerlebnisse, Erfahrungen, Erkenntnisse, Veränderungen, sein Handeln. Die Verantwortung als Wissenschafter, Journalist, politischer Vertreter und Aktivist für den Frieden und gegen den Krieg bestimmte sein bisheriges Leben. Bindungen an politische Institutionen, selbst an links orientierte Gruppen wurden ihm mehr und mehr zum Hemmschuh. Die Qualität und Quantität seiner Publikationen, seine gelebte Solidarität, eben sein gesamtes Engagement, können als wegweisend für Lehrende und Lernende angenommen werden.
Ergänzend stellen wir Empfehlungen von Friedensliteratur und -institutionen vor.
In den Beiträgen werden unterschiedliche Gender-Schreibweisen verwendet. Die Redaktion hat dies den AutorInnen freigestellt.
AutorInnen
Redaktion
Elke Renner
Florian Jilek-Bergmaier
Horst Adam: Diplom-Historiker, Ordentlicher Hochschuldozent, Gründer und Leiter des Arbeitskreises „Kritische Pädagogik“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin
Armin Bernhard: Hochschullehrer für Pädagogik an der Universität Duisburg-Essen
Eva Borst: Professorin am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Mainz
Christoph Butterwegge: Univ.-Prof., Leiter der Abteilung für Politikwissenschaft i. R. der Universität zu Köln
Sarah Clasen: Referentin für Frauen- und Gleichstellung beim AWO Bundesverband e.V. Schwerpunkte im Bereich Gewaltschutzarbeit, sexuelle und reproduktive Rechte sowie vielfaltsorientierte Gleichstellungspolitik
Cilja Harders: Professorin für Politikwissenschaft, Leiterin der Arbeitsstelle „Politik im Maghreb, Mashreq und Golf“ am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Forschungsschwerpunkte im Bereich Transformation von Staatlichkeit zwischen Demokratisierung und Autoritarismus und politischen Dynamiken „von unten“, Partizipation und lokale Politik, EuroMediterrane Politik sowie im Bereich Geschlechterforschung.
Elke Renner: AHS-Lehrerin und Lehrbeauftragte für Politische Bildung und Zeitgeschichte i. R.
Thomas Roithner: Friedensforscher und Privatdozent für Politikwissenschaft an der Universität Wien
Manfred Sauer: Österreichische Sektion IPPNW
Conrad Schuhler: Vorsitzender des isw-Institut für sozio-ökologische Wirtschaftsforschung, München
Franz Sölkner: langjähriger Friedensaktivist und Mitarbeiter am Projekt Rüstungsatlas Österreich
Winfried Wolf: Politologe, Chefredakteur von Lunapark21 – Zeitschrift zur Kritik der globalen Ökonomie, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von Attac, wissenschaftliche und publizistische Friedensarbeit
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Studienverlag: Schulheft 173